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Die öffentliche
Verschuldung
-
Grundsatzpapier -
(13 + 17)
Anmerkung:
1. Die Zahlen in Klammern bedeuten die
Anzahl der Aussagen meist in Form von Thesen.
2.
Die manchmal dahinter stehen zweite Zahl (dünngedruckt)
bedeutet die Anzahl zusätzlicher Aussagen, die die erste Aussage (These)
stützen sollen.
1.
Die Öffentliche Verschuldung ist durch das Grundgesetz geregelt.
Nach dem Grundgesetz dürfen die Einnahmen
aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für
Investitionen nicht
überscheiten;
Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung eines gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts. (Art.115 Abs. 1 Satz 2; GG)
2. Dann dürfte es doch damit unter der Voraussetzung, dass die Regeln sachgerecht
und zukunftsfähig sind, eigentlich keine
Probleme
geben.
3.
Die Verknüpfung der Kreditfinanzierung des Bundes an die Ausgaben für
Investitionen kann sich sogar rechnen und sinnvoll
sein,
wenn diese Investitionen zu höheren Steuereinnahmen führen, mit denen dann die Kredite
getilgt und die für die Kredite
fälligen
Zinsen bezahlt werden können.
Diesen
Inhalt hat eigentlich der häufig verwendete Begriff Konsolidierung.
Der Staat
geht dabei von der Annahme aus, dass die Bedienung der Staatsschulden (durch
die erhöhten Zinszahlungen) in den nächsten Jahren mit einem
unterstellten
Wirtschaftswachstum gelingen wird, wenn er nur mit seinem Ausgabenwachstum
unter dem Wirtschaftswachstum bleibt.
(Quelle: 1.
Peter Czada, Michael Tolksdorf und Alparslan Yenal in: „Wirtschaftspolitik“
Aktuelle
Problemfelder; Herausgeber: Landeszentrale für Politische Bildung;1987 ; Seite
363)
4.
Nimmt man zu der Vorgabe des Grundgesetzes über die kreditfinanzierten
Investitionen noch das Prinzip der
Generationengerechtigkeit
hinzu, so wäre es durchaus sachlich gerechtfertigt, wenn alle Personen, die
eine
kreditfinanzierte öffentliche Investition
nutzen, auch etwas zu ihrer Finanzierung beitragen, indem sie einen Teil der
Kreditsumme
„übernehmen“ und für diesen Teil auch die Zinsen tragen.
Selbst diese Betrachtung
enthält einige Punkte, die der Klärung bedürfen:
Jede Investition – auch die
kreditfinanzierte Investition – muss unterhalten, gepflegt und nach einigen
Jahren auch mal repariert oder gar
saniert
werden. Hier stellt sich die Frage nach der Finanzierung dieser Kosten.
4.1 Bezahlung der Instandhaltung aus den laufenden Etats
Es ist natürlich möglich, dass der Staat
für Instandhaltung und Reparaturen soviel Geld in jedem Haushalt einplant, dass
die Investition (z.B. eine
Brücke)
immer neuwertig bleibt. Wenn diese Unterhaltungskosten aus dem laufenden Etat
bezahlt werden, gibt es kein Problem.
4.2 Die Realität sieht anders aus.
Erforderliche und von allen für
notwendig erachtete Unterhaltungskosten für Reparaturen und Sanierung werden
aufgeschoben.
Das
Geld reicht einfach nicht.
4.3
Finanzierung der Instandhaltung aus den kreditfinanzierten Investitionen
Wenn man nun für diese
Unterhaltungskosten eine Art „Instandhaltungsfond“ bildet, der Teil der
Zukunftsinvestitionen ist, geschieht folgendes:
Im Laufe von etlichen Jahren
würde dieser „Instandhaltungsfond“ immer stärker anwachsen. Es ist der
Zeitpunkt vorhersehbar, dass die Summe des
Geldes
für die Instandhaltung die Summe der „Zukunftsinvestitionen“ erreicht. Wenn nun
der „Instandhaltungsfond“ ein Teil der „Zukunftsinvestitionen“
nach
Artikel 115 Satz 2 war, so würde das bedeuten, dass es bereits mit dem
Erreichen des Gleichstandes zwischen dem „Instandhaltungsfond“ und dem
„Zukunftsinvestitionen“
kaum noch neue Investitionen geben dürfte!
Genau dies hat die ehemalige
Präsidentin des Bundesrechnungshofes Hedda von Wedel einmal vorgeschlagen.
o
Die Obergrenze für die Neuverschuldung soll gesenkt werden.
o
Analog zu den Abschreibungen der Wirtschaft sollte der Wertverlust staatlicher Güter
von dieser Investitionssumme abgezogen werden.
(Quelle: „Von Wedel fordert geringere
Staatsverschuldung“,
Handelsblatt
vom 26.07.2001)
4.4
Die Realität sieht aber noch anders aus.
Wenn diese Unterhaltungskosten nicht von
der Investitionssumme in den späteren Jahren, in denen diese Kosten anfallen,
abgezogen werden,
ist
zwar das für Investitionen verfügbare Finanzvolumen größer; am Ende hat man
aber nur noch reparaturbedürftige Investitionen, die einmal als
„Zukunftsinvestitionen“
betrachtet und propagiert wurden.
Oder
man hat sogar irgendwann nur noch Schrotthaufen, die man einem so genannten
„Rückbau“ unterziehen muss, der wiederum Geld kostet.
4.5
Finanzierung der Instandhaltung aus einem anderen „Topf“
Wenn nun die Instandhaltung aus einem
anderen „Topf“ bezahlt wird (und nicht zu den „Zukunftsinvestitionen“ nach 115
des Grundgesetzes gehört),
so
würde es zwar weiterhin Investitionen für die Zukunft geben, der
„Instandhaltungsfond“ würde aber mit jeder neuen Investition automatisch weiter
anwachsen.
5.
So hat man an der pauschalen Vermutung der Selbstfinanzierung und der
Generationengerechtigkeit auch dann noch
festgehalten,
als die wachstumspolitischen Vorteile weitaus niedriger ausfielen als erwartet.
6. So wird weiterhin wieder besseres Wissen angenommen, dass die Kreditfinanzierung
bis zur Höhe der Investitionsausgaben
unbedenklich
ist.
Um
ein wirtschaftliches Wachstum (im letzten Jahr 2005) von 1,4 % (vom BIP) zu erreichen,
musste der Staat eine Neuverschuldung von etwa 80 Mrd Euro
eingehen.
Das BIP betrug 2005 etwa 2.200 Mrd Euro; 1,4 % davon sind etwa 30,8 Mrd Euro.
7. Durch viele Haushaltstricks versuchen viele Politiker den Wesensgehalt den
eigentlichen Sinn dieser Regel auszuhebeln.
7.1
Nach wie vor werden Kredite bis zur Grenze des Haushaltsausgleichs aufgenommen,
ohne zu prüfen,
o
ob die damit verbundenen Zins- und Tilgungslasten durch zukünftige Erträge
gedeckt sind oder
o
ob die zukünftige Belastung künftiger Generationen gerechtfertigt ist.
7.2 Der Bund hat angekündigt, dass er 2006 sogar einen grundgesetzwidrigen Haushalt
vorlegen wird.
7.3 Auch die 16 Bundesländer haben zum größten Teil einen verfassungswidrigen
Haushalt. Die meisten Länderhaushalte entsprechen
also
weder
der eigenen Landesverfassung noch dem Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland
8. Durch viele Haushaltstricks versuchen viele Politiker den
Wesensgehalt den eigentlichen Sinn dieser Regel auszuhebeln.
8.1
Man veranschlagt im offizielle Hauhalt Pauschalkosten, die nicht realistisch sind:
o Man rechnet mit zu niedrigen
Personalkosten, in dem man einfach einen durchschnittlichen Angestellten mit
einem Kind von 35 Jahren zugrunde legt,
obwohl jeder weiß, dass das
Durchschnittsalter im öffentlichen Dienst etwa bei 50 Jahren liegt. Im dann
immer notwendigen Nachtragshauhalt wird es
dann schon richtig gestellt.
8.2
Man lässt staatseigene Banken die Aufgaben am offiziellen Haushalt vorbei finanzieren.
Die Bankengruppe „Kreditanstalt für
Wiederaufbau“ (KfW) und die offiziell als Staatsfinanzierer bezeichnete
„Deutsche Pfandbrief-Anstalt“ (DePfA)
finanzieren eifrig, tatkräftig und mit Gewinn Aufgaben die
eigentlich über den offiziellen Haushalt laufen müssten.
8.3
Man rechnet als Investitionen, die eigentlich gar keine sind:
Finanzinvestitionen
Finanzhilfen und so genannte laufende Investitionen
Diese Investitionen tragen nicht mit der
gebotenen Sicherheit dazu bei, dass die Produktionskapazitäten generationsübergreifend
erweitert werden.
(Quelle: „Staatsverschuldung“ - Die
Haushaltstricks der öffentlichen Hand –
in
„Der Steuerzahler“, Februar 2006, Seite 23)
8.4
Es werden keine Abschreibungen auf den Kapitalstock abgesetzt.
8.5 Der weite Investitionsbegriff lässt es zu und unterbindet nicht
o
den Abzug von Finanzhilfen für Investitionen im privaten Sektor sowie
o
Veräußerungsgewinne.
8.6 Die Bildung von so genannten „Sondervermögen“, die oft nichts weiter sind als
versteckte Schulden, trägt zur Umgehung der
grundgesetzgemäßen
Kreditobergrenze bei.
8.7 Es werden Kassenverstärkungskredite gebilligt und verwendet.
8.8 Altschulden werden einfach durch neue Kredite angelöst – eine klare Umgehung
der grundgesetzgemäßen Kreditobergrenze.
Oft werden sie vor dem Auslaufen des
alten Kredites umgewandelt und durch neue Kredite ersetzt.
8.9
Die dreisteste Argumentation von Politikern ist die, dass die Kreditobergrenze
nicht zählt, wenn und in soweit sie die Aufgaben,
die
ihnen die Verfassung vorgibt, nicht finanzieren können.
Diese Argumentation äußerten die Länder
Berlin, Niedersachsen und Hessen.
(Quelle:
„Staatsverschuldung“ - Die Haushaltstricks der öffentlichen Hand –
in
„Der Steuerzahler“, Februar 2006, Seite 23)
9. Wegen der Zuordnung der scheinbaren Investitionen liegt die haushaltsrechtliche
Kreditgrenze um mehr als das Zweifache
über
der Grundgesetzrechtlichen Kreditgrenze.
(Quelle:
„Staatsverschuldung“ - Die Haushaltstricks der öffentlichen Hand –
in
„Der Steuerzahler“, Februar 2006, Seite 23)
10. Die Politiker sind immer sehr erfinderisch, wenn sie die grundgesetzgemäße
oder länderverfassungsgemäße Kreditobergrenze
nicht
einhalten wollen.
11. Eine Verfassungsvorschrift, die ins Leere läuft, wirkt nicht nur abträglich
auf den jeweiligen Regelungsbereich, sondern
schadet
der gesamten Verfassung.
12. Eine dauerhaft hohe und noch dazu ständig steigende Staatsverschuldung
bringt viele schwerwiegende Gefahren für
den
Staat mit sich:
o
Sie belastet die öffentlichen Haushalte mit steigenden Zinsausgaben.
o
Sie vermindert den haushaltspolitischen Spielraum.
o
Sie führt letztendlich zum Staatsbankrott.
13. Eine dauerhaft hohe und noch dazu ständig steigende Staatsverschuldung
bringt auch viele schwerwiegende Gefahren für
Wirtschaft und Gesellschaft mit sich.
o
Sie verdrängt private Investitionen.
o
Sie gefährdet das Wirtschaftswachstum.
o
Sie gefährdet eine Verbesserung der Beschäftigungssituation.
Dann ist ja alles o.k., werden Sie – zumindest auf den ersten Blick
- vermuten.
Sehen
wir uns diesen Sachverhalt etwas genauer an:
Im
Laufe von etlichen Jahren würde dieser „Instandhaltungsfond“ immer stärker anwachsen.
Es
ist der Zeitpunkt vorhersehbar, dass die Summe des Geldes für die
Instandhaltung die Summe der „Zukunftsinvestitionen“ erreicht.
Wenn
nun der „Instandhaltungsfond“ ein Teil der „Zukunftsinvestitionen“ nach Artikel
115 Satz 2 war, so würde das bedeuten, dass es bereits mit dem
Erreichen
des Gleichstandes zwischen dem „Instandhaltungsfond“ und dem
„Zukunftsinvestitionen“ keine neuen Investitionen mehr geben dürfte!
Wenn
nun die Instandhaltung aus einem anderen „Topf“ bezahlt wird (und nicht zu den
„Zukunftsinvestitionen“ nach 115 des Grundgesetzes gehört , so würde
es
zwar weiterhin Investitionen für die Zukunft geben, der „Instandhaltungsfond“
würde aber mit jeder neuen Investition automatisch weiter anwachsen.