Jochen Olbrich
07.12.2004
Reformen
14. Wie unterscheiden sich
heutige Reformen von den damaligen?
Während es früher nur sehr wenige dafür
aber große Reformen gab, die den Namen „Reform“ auch verdienten, wird
heutzutage jedes kleine Problemchen durch eine Reform gelöst!
o
die Stein und Hardenbergschen Reformen, (von Freiherr vom Stein und Friedrich
Freiherr von Hardenberg)
o
die große Landreform,
o
die Bismarckschen Sozialreformen (mit einer Renten- , Kranken und Unfallversicherung)
o
usw.
Heutzutage
gibt es ein merkwürdiges Phänomen:
Wenn man mal von den amateurhaften aber
durchaus nicht seltenen Fällen der Bekämpfung von Symptomen, die in den
unerwünschten
Auswirkungen
von durchaus beabsichtigten Regelungen ihre Ursache haben, einmal absieht,
findet man ein sehr häufig wiederkehrendes
Schema.
Dieses Schema soll kurz als Stufen eines Vorganges
beschieben werden:
1. Die großen Probleme oder Fragen von
Staat und Gesellschaft werden in viele kleine Teilprobleme zerlegt.
2.
Nach dieser Aufsplitterung zeigen sich üblicherweise Schwächen und Mängel; die
in den Teilsystemen steckenden
Teilproblemen
werden einzeln reformiert.
3.
Die Lösung des Problems/die Reform) bestehet nun darin, die einzelnen Lösungselemente
der Reform mit vielen Regelungen
anderer,
verwandter, inhaltlich benachbarter oder gar weit entfernt liegender Sachfelder
zu verknüpfen.
4.
Damit wird die Lösung eines Problems (oder die Reform) eingebettet in das Netz
anderer, bereits bestehender Regelsysteme.
5.
Das bringt wesentliche Vorteile sowohl für die durchgeführte Reformen als auch
für die Politik:
o
die Akzeptanz wird erleichtert.
o
ein rasches Scheitern wird weitestgehend ausgeschlossen,
o
Das Ansehen der Reformer wird wahrscheinlich wachsen!
6.
Diese Vorteile erkauft man mit erheblichen Nachteilen:
o
Solange es allen Systemen - besonders aber denen mit denen die neue „Reform“
vernetzt ist - gut geht,
gelingt
auch die neue „Reform“.
o
Sobald aber eines der mit der „Reform“ verknüpften Systeme leidet, wird die
neue „Reform“ ebenfalls leiden.
o
Eine autonome, nachhaltige und finanziell eigenständige und nachhaltige
Sicherheit des Funktionierens dieser
„Reform“
kann so nicht erfolgen.
o
Es entsteht ein (weiterer) zusätzlicher Reformbedarf.
o
Diese „Reform der Reform“ wird fast immer mit (neuen) willkürlichen
Festlegungen sehr überfrachtet.
(Es gibt
Stichtage, Bemessungsgrenzen, Anrechnungszeiten, Quoten, Pauschalen usw.)
Es schleichen sich Widersprüche ein
und das Verständnis schwindet.
o
Die Bedingungen unter den die ursprüngliche „Reform“ überhaupt funktionieren
konnte, treten völlig in den
Hintergrund
und werden kaum noch beachtet.
(Konjunktur,
Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitskosten, Kapitalkosten und
Energiekosten, sowie Bildungsstand,
Ausbildung
und Qualifizierung.)
o Die „Reform der Reform“ wird so
kompliziert, dass kein Bürger mehr den Durchblick hat.
o
Die „Reform der Reform“ ist kaum noch vermittelbar.
o
Die Akzeptanz für Reformen und für die Politik leiden.