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Steuern
oder:
Schritte
zum idealen Steuersystem
5. Kapitel aus der Reihe
„Politik und Argumente“
Grobe
Gliederung
A
Übergeordnete Leitideen zum Steuersystem
B Grundsätze für ein solches Steuersystem
C Argumentationen zum Steuersystem
Detailliertere Gliederung
A Übergeordnete
Leitideen zum Steuersystem
1. Funktionen von Steuern
1.1 Welche
Funktionen sollen Steuern haben?
1.2
Welche Funktionen sollen Steuern nicht haben?
2. Rechtfertigungsgründe für Steuern
2.1
Steuern bedürfen eines inhaltlichen Rechtfertigungsgrundes.
2.1.1 Der Rechtfertigungsgrund muss sich
aus den Funktionen der Steuern ableiten lassen.
oder:
Der
Rechtfertigungsgrund muss durch diese Funktionen gedeckt werden.
2.1.2
Alle Steuereinnahmen sind unspezifisch für alle staatlichen Aufgaben da.
2.2 Steuern
bedürfen eines rechtlichen Rechtfertigungsgrundes.
3.
Anforderungsprofil an ein Steuersystem
3.1
Welchen unbestrittenen Zielvorgaben muss ein Steuersystem genügen?
4.
Kriterien von Steuern
4.1
Was kann besteuert werden?
4.2
Was soll besteuert werden?
4.3
Was soll nicht besteuert werden?
B
Grundsätze für ein solches Steuersystem
1. Gerechtigkeit
1.1 Grundsatz der Gleichheit
oder der Gleichmäßigkeit
1.2
Grundsatz der Leistungsfähigkeit
1.3
Grundsatz der Garantie des Eigentums (Vermögen) [Art. 14, Abs. 1, GG]
1.4
Grundsatz der Sozialverpflichtung des Eigentums (Vermögen) [Art. 14, Abs. 2 und
3, GG]
1.5
Grundsatz der Rechtssicherheit
2. Transparents
2.1 Grundsatz der Klarheit
(und der Eindeutigkeit)
2.2
Grundsatz der Verständlichkeit (und der Einfachheit)
2.3
Grundsatz der Vergleichbarkeit (und der Überprüfbarkeit)
3.
Praktikabilität
3.1 Grundsatz der einfachen
Handhabbarkeit
3.2
Grundsatz der ereignisnahen Entscheidungen
3.3
Grundsatz der gleichen Verfahren
C Argumentationen zum Steuersystem
Ausführungen
Einleitung und
Hinführung
1. Wie oft haben Sie das schon gehört?
o Die Steuern sind zu hoch!
o
Wir müssen die Steuern senken!
o
Die Staatsquote ist zu hoch!
o
Die Lohnnebenkosten müssen runter!
o
Wir arbeiten ja mehr für den Staat als für uns selbst!
2.
Gleichzeitig werden Versprechungen gemacht:
o Wir werden das Kindergeld erhöhen!
o
Wir werden die Familien steuerlich entlasten!
o
Wir werden den Steuertarif entscheidend senken!
o
Wir werden das gesamte Sozialsystem auf eine finanzielle sichere Basis stellen!
o
Die Renten sind sicher!
o
Wir werden für den Mittelstand steuerliche Erleichterungen beschließen!
3.
Dann kommt mit tödlicher Sicherheit von der anderen Seite immer der Hinweis auf
die sogenannte Gegenfinanzierung!
o Die öffentlichen Kassen sind doch leer
- das weiß doch jeder!
o
Wie soll das nur finanziert wird?
o
Wem soll dafür etwas weggenommen werden!
o
Welche neue Steuer soll dafür eingeführt werden?
o
Welche Steuer soll dafür erhöht werden?
4. Alle diese Forderungen und Versprechungen bestenfalls gut gemeint.
Sie
haben kaum jemals eine Realisierungschance!
o Es kann sein, dass sie bloß
Wählerstimmen fangen sollen!
o
Einen Grund, der die nicht vollzogene Umsetzung erklären soll, lässt sich immer
finden!
5.
Das Schlimme an solchen Forderungen ist folgendes:
o Psychologisch:
- Forderungen zu stellen ist
immer populär.
-
Die Hoffnungen werden geweckt.
-
Die Enttäuschungen der Steuerzahler (der Wahlbürger) auf die Politiker und die
Parteien wird langfristig immer größer.
-
Man kann keinem mehr so richtig glauben.
-
Das Vertrauen schwindet.
-
Die Akzeptanz (Die werden es schon richten!) schwindet.
o Inhaltlich:
- Der Ansatz ist bereits
falsch!
-
Erst muss diskutiert, beraten und mit möglichst parteiübergreifendem Konsens
entschieden werden, welche Aufgaben der Staat überhaupt wahrnehmen sollte!
Also:
Wozu ist der Staat überhaupt da und wozu ist er nicht da!
-
Diese Fragestellung als wird häufig als sogenannte Aufgabenkritik bezeichnet.
Zuletzt
hat sich eine Kommission “Schlanker Staat“ unter Vorsitz von Staatsrechtler Prof.
Dr. Rupert Scholz damit befasst.
Die
Ergebnisse liegen in drei Bänden seit 1998 (?) vor. Passiert ist nichts!
-
Es muss Gründe geben, warum man so eine Kommission überhaupt ins Leben gerufen
hat.
- Es muss Gründe geben, warum man
diese Kommission so zusammen gesetzt hat.
-
Es muss Gründe geben, warum man keinen einzigen Vorschlag der Kommission
umgesetzt hat.
A Übergeordnete
Leitideen zum Steuersystem
1.
Funktionen von Steuern
1.1
Welche Funktionen sollen Steuern haben?
Steuern
sollen
1. die Aufgaben des Staates
finanzieren.
2.
die Funktionsfähigkeit des Staates sichern.
3.
das Wohl des Einzelnen nicht unnötig einschränken.
4.
das Wohl der Allgemeinheit möglichst befördern.
1.2 Welche Funktionen sollen Steuern nicht haben?
Steuern
sollen
1. keine Dinge finanzieren,
die der Einzelne nicht benötigt oder die er allein (oder zusammen mit anderen)
besser machen kann.
2.
keine Lenkungsfunktion haben.
3. den Bürger nicht
enteignen.
4. keine
Umverteilungsfunktion haben.
2.
Rechtfertigungsgründe für Steuern
2.1
Steuern bedürfen eines inhaltlichen Rechtfertigungsgrundes.
o Das gilt für jede einzelne
Steuerart.
- Welche Steuerarten darf es
überhaupt geben?
-
Welche Steuerarten darf es nicht geben?
o
Das gilt auch für den jeweiligen Steuertarif.
-
Wie hoch dürfen die Steuersätze überhaupt sein?
-
Ist eine Steuer gerechtfertigt, wenn sie den Preis einer Ware oder einer
Dienstleistung mehr als verdoppelt?
2.1.1 Der
Rechtfertigungsgrund muss sich aus den Funktionen der Steuern ableiten lassen.
oder:
Der
Rechtfertigungsgrund muss durch diese Funktionen gedeckt werden.
o Danach ist z.B. die Dauer der Existenz
einer bestimmten Steuerart kein Rechtfertigungsgrund.
-
Dann wäre die Erbschaftssteuer - als wohl älteste Steuer - vakant.
(Quelle: Leserbrief von Bernd Hagemeier, Hannover; Handelsblatt vom 17.04.02)
2.1.2
Alle Steuereinnahmen sind unspezifisch für alle staatlichen Aufgaben da.
o Es gibt keine Steuer, die für einen
bestimmten Zweck ausgegeben werden darf.
o
Es gibt auch keine Steuerart, die für ein bestimmte Vorhaben eingeführt wird
Steuern bedürfen eines rechtlichen Rechtfertigungsgrundes.
o Alle Steuern müssen durch
Grundgesetzkonform sein.
-
Sie müssen durch das Grundgesetz gedeckt sein.
-
Sie müssen im Grundgesetz verankert sein.
-
Sie dürfen keinem Artikel und keinem Absatz des Grundgesetzes widersprechen.
o
Alle Steuern dürfen nur auf der Grundlage von Gesetzen erhoben werden.
-
Sie müssen durch Gesetze gedeckt sein, die wiederum durch die Verfassung
gedeckt sind.
3. Das
Anforderungsprofil an ein Steuersystem
3.1 Welchen
unbestrittenen Zielvorgaben muss ein Steuersystem genügen?
oder:
Welchen Anforderungen muss ein Steuersystem genügen?
Das
Steuersystem muss
1. gerecht sein,
1.1
sich an der Leistungsfähigkeit der Bürger orientieren,
1.2
das Existenzminimum des Einzelnen stets steuerfrei lassen
2. transparent sein
2.1
einfach und verständlich für jedermann sein,
2.2
vergleichbar sein,
3. praktikabel sein
3.1
einfach zu handhaben sein,
3.2
ereignisnahe Entscheidungen ermöglichen und auch garantieren,
3.3
zu vergleichbaren Ergebnissen führen,
4. Kriterien von
Steuern
4.1
Was kann besteuert werden?
Es kann besteuert werden: eigene
Bewertung
___________________________________________________________________
Alle Einnahmen: Umverteilung
von Vermögen
Erträge:
Zinsen,
Dividenden,
Einkommen:
Lohn,
Vergütung,
Rente,
Pension,
Kapitallebensversicherungen,
Veräußerungsgewinne:
Verkauf
von Besitz,
Spekulationsgewinne,
Gewinne
aus Glücksspielen:
Lotterie,
Toto
Pferderennen,
Jeglicher Konsum
oder der Verbrauch: sozial
ungerecht
Kauf
von Gütern aber
Kauf
von Dienstleistungen, konjunkturpolitisch
fast neutral,
Umsatz,
Jeglicher Besitz
oder Vermögen: Umverteilung
von Vermögen
Sachbesitz,
Grundbesitz,
Besitz
an Produktivvermögen:
Aktien,
Erbschaften
4.2 Was soll besteuert werden?
Es soll besteuert werden:
Alle
Einnahmen:
Erträge:
Zinsen,
Dividenden,
Alle
Einkommen:
Lohn,
Gehalt,
Renten,
Pensionen
Jeglicher
Konsum oder der Verbrauch
Anschaffung,
Luxus,
4.3 Was soll
nicht besteuert werden?
Es
soll nicht besteuert werden
o
Bei den Einnahmen:
-
Das Existenzminimum (= Sozialhilfesatz plus Zusatzkosten für Renovierung,
Waschmaschine usw.)
o
Beim Konsum und Verbrauch:
-
Alle Waren und Dienstleistungen, die der Befriedigung der Grundbedürfnisse des
Menschen dienen.
(Nahrungsmittel,
Miete, Wärme, Wasser, Entwässerung, Radio- und Fernsehgebühren.
o
Beim Besitz oder Vermögen:
-
Jede Erbschaft egal ob es sich um Kapital, Grundbesitz oder Beteiligungen
handelt.
C Grundsätze für
ein solches Steuersystem
1. Gerechtigkeit
1.1
Grundsatz der Gleichheit (Gleichbehandlung oder der Gleichmäßigkeit)
(?)
o Danach muss Gleiches gleich, Verschiedenes
aber unterschiedlich besteuert werden.
o
Steuerart und Steuerhöhe müssen unabhängig von der Person sein.
o
Steuerart und Steuerhöhe dürfen nicht von besonderen Situationen abhängig
gemacht werden.
1.2
Grundsatz der Leistungsfähigkeit
o Danach muss der leistungsstarke Bürger einen höheren Beitrag zur
Finanzierung der staatlichen Aufgaben leisten als der leistungsschwache Bürger.
o
Der leistungsschwache Bürger, der nur sein Existenzminimum verdient, zahlt
demnach keine Steuern.
Er
zahlt zumindest keine direkten Steuern vom Einkommen.
1.3
Grundsatz der Garantie des Eigentums (Vermögen)
[Art.
14, Abs. 1, GG]
o Wenn der Grundsatz der Garantie des
Eigentums ernst genommen wird, darf vorhandenes Vermögen nicht besteuert
werden.
o
Wenn der Grundsatz der Garantie des Eigentums ernst genommen wird, darf auch
die Vererblichkeit des Vermögens nicht besteuert
werden.
1.4 Grundsatz der
Sozialverpflichtung des Eigentums (Vermögen)
[Art.
14, Abs. 2 und 3, GG]
o Wenn der Grundsatz der Sozialverpflichtung
des Eigentums ernst genommen wird, darf vorhandenes Vermögen durchaus besteuert
werden.
o
Die Höhe der Steuern muss sich aber an dem Ertrag aus dem Vermögen orientieren.
-
Sie darf die Substanz des Vermögens nicht antasten.
(Sonst
würden entsprechende Steuer-Gesetze gegen den Grundsatz unter 1.3
[Eigentumsgarantie] verstoßen.)
o
Eine Enteignung ist zum Wohle de Allgemeinheit
zulässig; es ist aber eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
1.5 Grundsatz der
Rechtssicherheit
o Jede Steuergesetzgebung muss
Rechtssicherheit garantieren.
Das setzt eine Steuerkontinuität voraus.
-
Das verbietet schnelle - und vor allem überraschende – Änderungen der
Steuergesetze.
o
Diese Rechtssicherheit muss sie sowohl auf die einzelnen Steuerarten, jeweilige
Steuerhöhe,
-
Einzelbestimmungen in der Steuergesetzgebung (Abschreibungssätze,
Abschreibungsdauer, Anrechnungen von bereits gezahlten Steuern,
Höchstsätze, Freigrenzen und Freibeträge) und
auf die Sonderregelungen beziehen.
1.6 Grundsatz der
Gültigkeit ohne Ausnahme
o Alle Grundsätze müssen ausnahmslos herrschen.
-
Ausnahmen machen das gesamte Steuersystem nur komplizierter.
-
Ausnahmen führen zu Unverständlichkeit.
-
Ausnahmen führen zu mehr Streitfällen.
- Ausnahmen führen insgesamt zu
einer höheren Steuerbelastung.
2. Transparenz
2.1
Grundsatz der Klarheit (und der Eindeutigkeit)
o Der Grundsatz der Klarheit schließt
meines Erachtens den Grundsatz der Eindeutigkeit mit ein.
2.2
Grundsatz der Verständlichkeit (und der Einfachheit)
o Der
Grundsatz der Verständlichkeit schließt meines Erachtens den Grundsatz der
Einfachheit mit ein.
2.3 Grundsatz der
Vergleichbarkeit (und der Überprüfbarkeit)
o Jede Steuererklärung und jeder Steuerbescheid
muss mit anderen vergleichbar sein.
o
Der Grundsatz der Vergleichbarkeit schließt meines Erachtens den Grundsatz der
Überprüfbarkeit mit ein.
3.
Praktikabilität
3.1
Grundsatz der einfachen Handhabbarkeit
o Jedes Steuergesetz und jede einzelnen
Vorschrift im jedem Steuergesetz muss einfach zu handhaben sein.
o
Jede Steuer muss unmittelbar bei dem entsprechenden Ereignis erhoben werden.
(z.
B. beim Kauf einer Ware oder bei der Auszahlung des Lohns oder einer Vergütung)
3.2 Grundsatz der
ereignisnahen Entscheidungen(Ereignisnähe)
o Jede Entscheidung über die Höhe einer
Steuer (auch in einem Steuerbescheid) muss ereignisnah getroffen werden.
o
Nur ereignisnahe Entscheidungen sorgen für Rechtssicherheit.
-
Es würde dem Grundsatz der ereignisnahen Entscheidung widersprechen, wenn
Steuerbescheide vorläufig sind und sich eine
endgültige Entscheidung erst nach Jahren
erzielen lässt.
-
Auch Rechtsstreitigkeiten mit den Finanzbehörden müssen in einer angemessenen
Zeit rechtskräftig erledigt sein.
-
Deshalb müssen die einzelnen Verfahren von kurzer Dauer, der Instanzenweg
verkürzt und die Ausstattung der Finanzbehörden
und der Finanzgerichte mit Personal und
Sachmitteln überall und zu jeder Zeit ausreichend sein.
3.3 Grundsatz der gleichen Verfahren
(Verfahrensgleichheit)
o
Nur gleiche Verfahren und Berechnungsmethoden führen zu vergleichbaren Zeiten
der Bearbeitung.
o
Nur gleiche Verfahren und Berechnungsmethoden führen zu vergleichbaren
Ergebnissen und Entscheidungen.