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Selbstverwaltungsorgane
Ein weiteres
Kapitel aus der Serie „Falsche Begriffe und Zahlen“
14. Kapitel
1. Einleitung
Selbstverwaltungsorgane findet man in Organisationen in
denen der Staat seinen Finger mit im Spiel hat.
In der Privatwirtschaft gibt es keine Selbstverwaltungsorgane.
Derjenige, der das Kapital gegeben hat und die Verantwortung für das
eingesetzte Kapital und seine Mitarbeiter hat, trägt das Risiko und die Verantwortung.
Bei großen Unternehmen ist nicht der Besitzer derjenige, der die Geschäfte
führt, sondern meist ein anderer oder mehrere andere Personen. Sie bilden dann
den „Vorstand“ des Unternehmens und der Anteilseigner geht in den
„Aufsichtsrat“ des Unternehmens.
Selbstverwaltungsorgane entsprechen in ihrer Funktion einem „Aufsichtsrat“. Sie
sollen die Arbeit des „Vorstandes“ kontrollieren. Sie kontrollieren nicht nur
den Einsatz finanzieller Mittel also die Mittelverwendung sondern
auch jede besondere Veränderung.
Ein allgemeines Problem von Kontrolle scheint zu sein, ob die Kontrolle bereits
vor der Durchführung oder erst nach Vollzug erfolgt.
Wenn
die Kontrolle bereits in der Planung stattfindet, besteht die Gefahr und die
Möglichkeit der Einflussnahme auf die
Entscheidungen
der Führung des Unternehmens oder der Behörde.
Findet
die Kontrolle aber erst nach der Durchführung statt, können Fehler oder
Fehlentwicklungen nur noch schwer behoben werden.
2.
Der berühmteste Fall eines Selbstverwaltungsorgans
Der zur Zeit berühmteste Fall
eines Selbstverwaltungsorgans ist der „Verwaltungsrat“ der „Bundesanstalt für
Arbeit“ seit dem 1. Januar 2004 in „Bundesagentur für Arbeit“ umgetauft.
Die Bundesanstalt für Arbeit – heute Bundesagentur für Arbeit – ist eine Mammutbehörde und hat etwa sage und schreibe 90 000
Mitarbeiter in 181 Arbeitsämtern.
Finanziert wird diese Mammutbehörde aus den Beiträgen
zur Arbeitslosenversicherung, die Arbeitnehmer und Arbeitgeben
paritätisch - also zu gleichen Teilen - finanzieren. Besonders wegen der großen
Zahl von Arbeitslosen reichen diese Beitragsfinanzierten Einnahmen meist nicht
aus und der Staat schießt Steuergelder zu.
Die Bundesanstalt für Arbeit – heute Bundesagentur für Arbeit - untersteht dem Bundsarbeitsminister.
Außer dem „Verwaltungsrat“ gibt es noch einen „Vorstand“ mit einem
Vorstandsvorsitzenden. Früher war es Bernd Jagoda, bis vor kurzem noch Florian
Gerster und nun heißt er Weise.
Der „Verwaltungsrat“ als Selbstverwaltungsorgan besteht aus 21 Mitgliedern.
Im „Verwaltungsrat“ sitzen Vertreter der Arbeitgeber, Vertreter der
Arbeitnehmer und Vertreter der öffentliche Hand - also
des Bundes.
Jede dieser drei Gruppen entsendet 7 Interessenvertreter in dieses Gremium.
Als bekanntester Vertreter der Arbeitgeber nenne ich Christoph Kannengießer, als bekannteste Vertreterin der Arbeitnehmer nenne ich die
Vize-Chefin des DGB Ursula Engelen-Kefer und als
Vertreter der öffentliche Hand also der Bundes nenne ich den Staatssekretär im
Arbeitsministerium Werner Tegtmeier.
Beschlüsse werden mit Mehrheit gefällt.
3.
Eigene Bewertung
Es fällt auf, dass der „Verwaltungsrat“ als Selbstverwaltungsorgan
vollständig auf die Teilnahme von Betroffenen - also auf die Arbeitslosen
verzichtet.
Kein
Arbeitsloser ist - oder war je - Mitglied dieses Selbstverwaltungsorgans!
Wenn dort wirklich Arbeitslose etwas zusagen hätten, würde meines Erachtens manches anders
laufen:
o
Man würde nicht fast die Hälfte der Finanzmittel zweckentfremdet und ohne
gesetzliche Grundlage für so genannte
Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen ausgeben.
o
Man würde nicht nur 10 % der Mitarbeiter (rund 8 000 von 90 000) für die
eigentliche Aufgabe die Vermittlung von Arbeitslosen
beschäftigen.
o
Man würde nicht die aus einem Anspruch aus einer Versicherungsleistung stammenden
Rechtsansprüche zeitlich und in der Höhe
kürzen und so häufig zum Spielball von
willkürlichen Entscheidungen der Politik machen!
o
Man würde wahrscheinlich auch auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und
Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II verzichten.
o
Man würde auch nicht so viel Energie verwenden die Arbeitslosenstatistik in
fast regelmäßigen Abständen verändern.
(Hier hat man den Eindruck,
dass die Veränderungen nicht von der Suche nach Wahrheit bestimmt sind, sondern
um die Wahrheit zu
schönen.
Noch nie hat man aber auf grund von nicht richtigen
Zahlen die richtigen Entscheidungen treffen können.)
Trotzdem redet jeder ohne zu zögern und ohne jeden Zweifel von
Selbstverwaltung!
Das Wörtchen „selbst“ hat doch nach allgemeinem Sprachgebrauch die Bedeutung,
dass jemand irgend etwas selbst - also
höchstpersönlich - anpackt, durchführt, gestaltet und dafür auch die
Verantwortung trägt.
Wie
kann sich also der „Verwaltungsrat“ einer riesigen Behörde mit fast 100 000
Beschäftigten und für über 4 Millionen Arbeitslose und mit einem Etat von etwa
50 Mrd. Euro als „Selbstverwaltungsorgan“ bezeichnen?
Welche Berechtigung besteht dafür?
Eine inhaltliche Berechtigung –also von der Bedeutung des Wortes her - besteht
meines Erachtens nicht!
Aber natürlich tauchen die Begriffe „Verwaltungsrat“ und
„Selbstverwaltungsorgan“ in dem Gesetz über die Bundesanstalt für Arbeit auf.
Es gibt für diesen offensichtlich falschen Begriffen eine rechtliche und
gesetzliche Berechtigung!
Unbestritten trifft folgendes zu:
Man
kann grundsätzlich jeden Sachverhalt, jeden Vorgang und jeden Begriff
gesetzlich und damit verbindlich festlegen!
Trotzdem bleiben die folgenden Fragen wahrscheinlich unbeantwortet:
o
Warum bezeichnet man etwas absichtlich falsch?
o
Warum verwendet man die Begriffe nicht so, wie es dem allgemeinen
Sprachgebrauch entspricht und für den Bürger verständlich
ist?
o
Warum erfindet man für einen neuen Sachverhalt nicht einen neues Wort, das noch
nicht durch umgangssprachlichen Gebrauch
festgelegt oder belastet ist.
o
Warum nennt an den „Verwaltungsrat“ nicht einfach „Arbeitsverwaltungsrat“ oder
„Rat der Interessenvertreter“?