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Falsche Begriffe
11. Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers
1. Die
verfassungsmäßigen Grundlagen
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik* und trägt dafür die
Verantwortung. (Art. 65 GG; Satz 1)
Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen
Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Art. 65 GG; Satz
2)
Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die
Bundesregierung. (Art. 65 GG; Satz 3)
Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung
beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
(Art. 65 GG; Satz 4)
* Diese oft als Richtlinienkompetenz des
Bundeskanzlers“ bezeichnete Generalkompetenz ist insoweit etwas problematisch,
weil der sachliche Bezug nicht ganz eindeutig ist.
2. Hier der Versuch einer
Klärung:
Der Artikel 65 GG gehört mit den Artikeln 62 bis
69 zu den Artikeln der Verfassung, die unter dem Abschnitt VI des Grundgesetzes
„Die Bundesregierung“ aufgeführt sind.
Die Bundesregierung ist nach dem allgemeinen und unumstrittenen Verständnis die
Exekutive des Staates.
Neben der Exekutive gibt es als gleichwertige Gewalten innerhalb eines Staates
die Legislative und die Judikative.
Die Bundesregierung ist zwar die höchste Instanz der Exekutive (und herrscht
z.B. über
alle etwa 600 Bundesämter), sie hat aber nach allgemeinem und unumstrittenem
Verständnis keine Macht über eine andere staatliche Gewalt, weder über die
Legislative noch über die Judikative.
Sie führt die Gesetze, die die Vertreter des Volkes, die Parlamentarier - also
die Abgeordneten des Bundestages – beschließen, aus.
Es steht nicht im Grundgesetz, dass die Richtlinienkompetenz darin besteht, dem
Parlament vorzuschreiben, über welche Probleme es Gesetze zu beschließen hat.
Es steht auch nicht im Grundgesetz, dass die
Richtlinienkompetenz darin besteht, dass die Regierung bestimmt, wie ein Gesetz
durch die Judikative auszulegen sei.
Schon die Beeinflussung der Judikative durch Bereitstellung von mehr Personal
kann als ist eine Beeinflussung aufgefasst werden!
3.
Ergebnisse:
Es bleibt festzuhalten:
Die
Richtlinienkompetenz bezieht sich also allein auf die Exekutive und auf keine
andere staatliche Gewalt!
Die Bundesregierung kann sich also z.B. eine Geschäftsordnung geben.
Die Bundesregierung kann entscheiden, welche Bundesämter am zweckmäßigsten
welchem Ministerium zugeordnet werden.
Die Bundesregierung kann z.B. festlegen, welche Ministerien bei einem
bestimmten Gesetz die Ausführungsvorschriften erlassen kann und soll.
Die Bundesregierung kann z.B. festlegen, welche Bundesämter und Bundesaufsichtsämter
bei der Durchführung eines bestimmten Gesetzes vor der Formulierung der Ausführungsvorschriften
angehört und um eine Stellungnahme gebeten werden.
Die Bundesregierung kann um eine Ministerialvorlage für einen Gesetzentwurf
bitten (obwohl ich das auch für problematisch halte!)
Die Bundesregierung kann z.B. entscheiden, welches Bundesaufsichtsamt mit der
Überwachung eines bestimmten Gesetzes beauftragt wird.
Die Bundesregierung kann z.B. entscheiden, welche neuen Bundesaufsichtsämter
entstehen sollen oder welche Bundesaufsichtsämter zusammengelegt werden.
Die Bundesregierung kann also z.B. ganz aktuell darüber entscheiden, ob die
nach EU-Recht einzurichtende Regulierungsbehörde für die Energiewirtschaft bei
der Regulierungsbehörde für die Telekommunikation angesiedelt wird oder eine
neue Regulierungsbehörde eingerichtet werden soll.