Jochen
Olbrich
01.12.2003
Allgemeines/Sachthemen -
Falsche Begriffe
3. Repräsentative Demokratie
2. Fassung
Falsche Begriffe
3. Repräsentative Demokratie
(Kurze Fassung)
1. Inhaltliche
Festlegung:
Der Begriff setzt unzweideutig und unmissverständlich
voraus, dass die gewählten Abgeordneten z.B. des Deutschen Bundestages das
ganze Volk repräsentieren oder sogar widerspiegeln!
(Wie man unschwer erkennt, kommt es auf den Inhalt des letzten Wortes an!)
2. Eine
Einschränkung, die man akzeptieren kann:
Eine Einschränkung muss man jedoch von vorn herein
machen:
Beim Begriff „Volk“ geht es hier nur um die „Wahlberechtigten“!
Kinder haben kein Wahlrecht (weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht) und
sitzen deshalb weder im Deutschen Bundestag noch in einem Parlament eines
Bundeslandes.
Manche beklagen dies z.B. mit dem Slogan: „Kinder haben keine Lobby!“
Andere fordern sogar - um diesem Mangel abzuhelfen - ein gesplittetes (halbes)
Stimm-recht für jeden Elternteil für jedes ihrer Kinder.
3. Kriterien
für die Zusammensetzung der Parlamente:
Egal welches Kriterium man auch immer nimmt, der
Bundestag soll das ganze deutsche Volk (der Wahlberechtigten) widerspiegeln!
Welches Kriterium man auch immer für die Zusammensetzung der Parlamente nimmt,
es müsste folgende Regel ohne Ausnahme gelten:
Nach jedem Kriterium
müssten die Parlamente in gleicher Quote
vertreten
sein wie die Bevölkerung!
4. Die Realität
(hier die spektakulärsten Abweichungen
von der Norm im Deutschen Bundestag)
Die tatsächliche Zusammensetzung
des Deutschen Bundestage (14. Wahlperiode)
4.1 Das
Kriterium: Geschlecht
Fakten: Frauen Männer
207 462
(Quelle: Kürschners Volkshandbuch
„Deutscher Bundestag“;14. Wahlperiode; S. 299)
Ergebnis:
Im
Deutschen Bundestag gibt es mehr als doppelt so viele Männer wie
Frauen!
In
der Bevölkerung gibt es aber mehr Frauen als Männer!
Fazit:
Die Männer sind überrepräsentiert!
4.2 Das
Kriterium: Die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft:
4.2.1 Parlamentssitze im
Deutschen Bundestag und Mitglieder des DGB
Fakten:
o
Parlamentssitze insgesamt 603
davon
sind 213 Mitglieder des DGB
o Die acht
Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes haben
zusammen etwa 7,7 Millionen Mitglieder!
o
Deutschland hat etwa 80 Millionen Einwohner.
Ergebnis:
Der
Anteil der Mitglieder der acht Gewerkschaften des Deutschen
Gewerkschaftsbundes
haben an der Bevölkerung beträgt nicht einmal
10
% !
Im
Deutschen Bundestag sind aber etwa 35 % der Parlamentarier
Mitglieder
des DGB!
Fazit: Die Gewerkschaften sind
überrepräsentiert!
4.2.1 Die Zugehörigkeit
zu einer im Bundestag vertretenen Partei:
SPD CDU/CSU Grüne
FDP PDS
Sitze: 251 248 55 47
2
davon
Mitglieder
einer
Gewerkschaft 186* 11 13 1
2
Prozentsatz 74 % 4 % 24 % 2 % 100%
4.2.2 Detailliertere
Aufstellung:
SPD CDU/CSU Grüne
FDP PDS
Gewerkschaft:
Ver.di
98 8 8 0 0
GEW
31 0 4 0 2
IG
Metall 26 2 0 0 0
IG
BCE 23 2 0 0 0
IG
Bau 10 0 1 0 0
GdP
3 0 0 1 0
NGG
1 0 0 0 0
______________________________________________________
Summe 186* 11 13 1 2
Prozentsatz 74 %
4 % 24 % 2 % 100%
(Quelle: „Focus“ Nr. 12 vom 17. März
2003, Seite 30 ff)
4.3 Das
Kriterium: Angehörige des Öffentlichen Dienstes
Fakten:
Jeder
sechste Abgeordnete ist Pädagoge.
In
der Bevölkerung ist nicht einmal jeder hundertste ein Pädagoge.
Ergebnis:
In
der Bevölkerung sind nicht einmal 1% Pädagogen.
Im
Parlament machen die Pädagogen jedoch etwa 17 % aus.
Fazit:
Es
gibt viel zu viele Öffentlich Bedienstete (besonders Pädagogen) im
Parlament.
(Das
gilt in besonderem Maße für die Länderparlamente!)
(Quelle:
Kürschners Volkshandbuch „Deutscher Bundestag“;14. Wahlperiode; S. 299)
4.4 Das
Kriterium Jurist
Fakten:
o
Die größte Berufsgruppe im Bundestag sind die Juristen (Rechtswissen-
schaftler oder Staatsrechtler).
o
Es sind insgesamt 127 Abgeordnete (von insgesamt 669 Abgeordneten).
(14. Legislaturperiode)
(Quelle: Kürschners Volkshandbuch „Deutscher Bundestag“;14.
Wahlperiode; S. 299)
Ergebnis:
Der
Anteil der Juristen im Deutschen Bundestag beträgt etwa 19 %.
In
der Bevölkerung ist der Anteil der Juristen nicht einmal 1/2 %.
(14.
Legislaturperiode)
Fazit:
Es
gibt zu viele Juristen (Rechtsanwälte, Notare und Staatsrechtler) im
Parlament
5. Wertende Zusammenfassung:
1.
Es gibt doppelt so viele Männer wie Frauen als Abgeordnete im
Deutschen Bundestag, obwohl es in der
Bevölkerung mehr Frauen als
Männer gibt.
2.
Es gibt fast 4 mal so viele Gewerkschaftsmitglieder im Deutschen
Bundestag wie es dem Anteil in der
Bevölkerung entspricht!
3. Es gibt etwa 18 mal so viele
Pädagogen im Deutschen
Bundestag wie
es dem Anteil in der Bevölkerung
entspricht!
4. Es gibt etwa 40 mal so viele
Juristen im Deutschen
Bundestag wie es
dem Anteil in der Bevölkerung entspricht!
6. Fazit:
Diese teilweise
eklatante falsche Zusammensetzung des Deutschen
Bundestages
kann natürlich nicht ohne jegliche Folgen bleiben:
1. Wenn zu viele Juristen und Pädagogen im
Parlament sitzen (und an
der Gesetzgebung mitwirken), braucht man sich
eigentlich nicht groß
zu wundern, dass sich die Bürger durch Gesetze und Vorschriften
gegängelt fühlen und auch gegängelt werden.
(Quelle: „Der Staat als Erzieher - Mit
Risiko leben“, Tagesspiegel vom 04.03.2001)
2.
Wenn man noch dazu zur Kenntnis nimmt, das bei der Vorbereitung
und Ausformulierung von Gesetzestexten Beamte aus den Ministerien
maßgeblich mitgewirkt haben, muss man sich
als Bürger nicht groß
wundern, dass die Gesetze in Verwaltungs- und Juristendeutsch
formuliert worden sind und vom Bürger
meist nicht verstanden werden.
3.
Wenn man dann noch zur Kenntnis nimmt, dass im Deutschen
Bundestag die Gewerkschaften weit überproportional vertreten sind,
muss man sich nicht wundern, dass die Rechte der Arbeitnehmer
immer weiter ausgebaut werden und die Macht der Gewerkschaften
übermäßig verstärkt wird.