Prinzipien des Rechts in einem Sozialstaat

(3. Kapitel)

 

Hinweis:
            Diese Datei ist zum Teil identisch mit den Aufgaben und Funktionen des
            Staates; Anlage 2: „Prinzipien des Rechts“

 

Gliederung

Einleitung

1. Grundprinzipien, die in einem Sozialstaat gelten müssen
(1) Das Grundprinzip der Subsidiarität: ()
(2) Das Grundprinzip des Sozialstaates: („Solidarprinzip“)

2. Grundprinzipien, die in einer Marktwirtschaft gelten müssen
(1) Das Grundprinzip der Marktwirtschaft (des Wettbewerbs):
(2) Das Grundprinzip staatlichen Handelns in der Marktwirtschaft:

3. Grundprinzipien zwischen Sozialstaat und Marktwirtschaft (1)
(1) Das Grundprinzip von Leistung und Gegenleistung: („Äquivalenzprinzip“)
(2) Kein Vertrag zu lasten Dritter! ()
(3) Das Prinzip der Konnexität : („Konnexitätsprinzip
“)
(4) Das Verursacherprinzip

4. Rückblick - Ausblick

 

 

 

Ausführungen

 

1. Grundprinzipien, die in einem Sozialstaat gelten müssen

(1) Das Grundprinzip der Subsidiarität:

 
      Dieses Rechtsprinzip kommt ursprünglich aus der katholischen Soziallehre.
        Es besagt, dass zunächst immer der Einzelne - der Betroffene - sich um etwas
        kümmern muss.
        Übertragen auf den Staat heißt das, dass immer die unterste Ebene
        (die zuständige Verwaltung) zum Handeln verpflichtet ist.
        Erst wenn deren Kräfte nicht ausreichen, können und sollen übergeordnete
        Ebenen (Verwaltungen) die Lösung des Problems anstreben.

       Diese Grundprinzip hat eigentlich auch zwei Ausgestaltungsformen.
        Einmal bezieht es sich auf den einzelnen Menschen. Dann lautet es:

      „Zuerst ist immer der Einzelne gefordert, dann die Gemeinschaft!“

        Besser als diese Ausformulierung des allgemeinen Prinzip der Subsidiarität, die
        den einzelnen Menschen betrifft, ist eine andere Variante des Prinzips der Subsi-
        diarität bekannt, die sich auf das Handeln des Staates und seiner Organe bezieht.
        Dann lautet es:

      „Bei jeglichem staatlichen Handeln ist immer die unterste Ebene
        zuerst gefordert und auch zum Handeln befugt und verpflichtet!“

        Als inhaltliche Begründung für dieses Prinzip genügt hier wohl der Hinweis
        auf die schnellere und situationsgerechtere Erledigung der Probleme!

        Im Zuge einer fortschreitenden Zentralisierung auf allen Gebieten wird dieses
        Prinzip aber auch in der Gesetzgebung zunehmend mehr missachtet!
        Jede staatliche Institution versucht – meist erfolgreich – immer mehr Kompe-
        tenzen an sich zu reißen!
        Das trifft sowohl für die EU und auch die drei Gebietskörperschaften zu!
        Die Tendenzen des Zentralismus werden oft mit ökonomischen Argumenten
        begründet, verteidigt und entsprechende Maßnahmen eingeführt.

        Auch hier gibt es wieder und nach meinem Eindruck zunehmend mehr Fälle von
        Missbrauch!
        Die EU will beispielweise unter dem Vorwand der Gleichheitsgrundsatze einen
         Stromrichtlinie erlassen. Sie soll nach entsprechenden Übernahmen in allen EU-
        Ländern gelten!
        Einklarer Verstoß gegen das Prinzip der Subsidiarität!
        Die Gegebenheiten sind einfach zu unterschiedlich:
            Österreich produziert mehr Strom aus Wasserkraft aber keinen aus
            Atomkraftwerken!
            Frankreich deckt seinen Strombedarf zu mehr als 50% aus der Atom-
            kraft und besitzt Gezeitenkraftwerke.
            Deutschland hat einen Mix aus vielen Energieträgern.


(2) Das Grundprinzip des Sozialstaates: („Solidarprinzip“)

      „Jeder, der sich aus eigener Kraft nicht helfen kann,
        für den muss die Solidargemeinschaft aufkommen!“

        Er muss nicht in Luxus schwelgen, aber seine Grundversorgung muss, wie es die
        Menschenwürde gebietet und in dem Land üblich ist, von der Solidargemein-
        schaft - vertreten durch staatliche Organe - gewährleistet sein.
        Dies gilt in dem Umfange und für die Dauer wie dies eben erforderlich ist.

Anmerkungen:
        1. Damit haben wir zusätzlich zu den vier hochrangige, übergeordnete Grund-
            prinzipien, die für jeden Rechtsstaat gelten müssen noch zwei hochrangige,
            übergeordnete Grundprinzipien, die einen Sozialstaat ausmachen.
        2. Auch diese beiden Grundprinzipien sind unabdingbar, unverzichtbar und
            damit gleichrangig!
        3. Diese beiden zusätzlichen hochrangigen, übergeordneten Grundprinzipien
            müssen auch in einem Staat gelten, in dem Wettbewerb herrschen soll.

 

2. Grundprinzipien, die in einer Marktwirtschaft gelten müssen

(1) Das Grundprinzip der Marktwirtschaft (des Wettbewerbs):

      „In allen Bereichen, in denen marktwirtschaftliche Situationen
        herrschen sollen, muss auch tatsächlich Wettbewerb herrschen.“
     
        Das bedeutet, dass der Markt den Preis bestimmt und nichts anderes!
        Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis!
        Es genügt nicht, das ein reichliches Angebot vorhanden ist, sondern dieses
        Angebot muss von mehrerer Anbietern erbracht werden.
        Ebenso müssen mehrere voneinander unabhängige „Nachfrager“ vorhanden
        sein!

(2) Das Grundprinzip staatlichen Handelns in der Marktwirtschaft:

        Der Staat hat darin zwei hoheitliche Aufgaben:
        Die zuerst genannte Aufgabe bezieht sich auf seinen eigenes Gebaren:

      „Der Staat darf selbst nichts unternehmen, was die Regeln der
        Marktwirtschaft (oder die Marktwirtschaft selbst) beschädigt!

        Die zweite Aufgabe bezieht sich auf seinen Rolle beim Verhalten anderer:

      „Der Staat muss auch darauf achten, dass die Regeln des Markt-
        wirtschaft von allen eingehalten werden und für ihre Einhaltung
        sorgen!

         Notfalls muss er die Einhaltung erzwingen!

Anmerkungen:
        1. Damit haben wir zusätzlich zu den vier hochrangigen, übergeordneten Grund-     prinzipien, die für jeden Rechtsstaat gelten müssen noch zwei hochrangige,
            übergeordnete Prinzipien, die in jeder Marktwirtschaft gelten müssen.
        2. Auch diese beiden Grundprinzipien sind unabdingbar, unverzichtbar und
            damit gleichrangig!
        3. Diese beiden zusätzlichen hochrangigen, übergeordneten Grundprinzipien
            müssen auch in einem Sozialstaat gelten.

 

3. Grundprinzipien zwischen Sozialstaat und Marktwirtschaft (1)

        Dieses Grundprinzip stellt quasi eine Klammer zwischen den beiden Prinzipien
        des Sozialstaates und den beiden Prinzipien der Marktwirtschaft dar!

(1) Das Grundprinzip von Leistung und Gegenleistung: („Äquivalenz-
      prinzip“)

        Unter dem so genannten Äquivalenzprinzip versteht man ein System von
        Leistung und Gegenleistung.

        Dieses Prinzip lässt sowohl eine qualitative Aussage als auch quantitative
        Aussagen zu:
        Die quantitativer Aussage:

      „Nur wer eine Leistung erbringt, kann auch eine Gegenleistung
        erwarten!“

        Die qualitativen Aussagen:

      „Wer einen hohe Leistung erbringt, kann eine entsprechend hohe
        Gegenleistung erwarten!“

      „Wer eine geringe Leistung erbringt, kann auch nur mit geringen
        Gegenleistungen rechnen!“

Anmerkungen:
        1. Es gibt noch andere Prinzipien, z. B. ein Prinzip das eine Verneinungen
            bedeutet: Dies und jenes darf nicht sein!
           Es gibt zum Beispiel ein gutes Rechtsprinzip, das aus dem römischen Recht
           kommt!

 

(2) Kein Vertrag zu lasten Dritter!

           Es lautet :
                   „Kein Vertrag zu Lasten Dritter!“

        2. Dieses Prinzip soll an zwei Beispielen erläutert werden, weil es hier immer
           wieder Diskussionen gibt!

        3. Als Beispiele können die Beschlüsse des Bundes zu zwei Aufgaben dienen:
            o Sozialhilfe (Das müssen die Bundesländer finanzieren!)
            o Kindergartenplätze (Dafür müssen die Kommunen sorgen!) 

        4. Der Bund beschließt einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz -
           aber die Kommunen müssen ihn bezahlen.
           Auch das ist föderalstaatliche Praxis.

        5. Selbst wenn man das römische Rechtsprinzip „Kein Vertrag zu lasten Dritter!“
           ins Feld führt, so argumentiert der Bund, dass die Länder im Bundesrat
            schließlich mehrheitlich zugestimmt haben.

        6. Dem Bundesrat obliegt schließlich die Vertretung der kommunalen Belange.

        7. So haben auch nach dem Grundgesetz die Bundesländer keinen Anspruch auf
            einen finanziellen Ausgleich
, wenn der Bund Aufgaben beschließt, die die
            Länder durchführen müssen.

        8. Ebenso haben die Kommunen keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich,
            wenn entweder der Bund oder die Bundesländer Maßnahmen
beschließen, die
            die Kommunen ausführen müssen.

(3) Das Prinzip der Konnexität : („Konnexitätsprinzip“)

        9. Mann kann das auch von einem anderen Rechtsprinzip her betrachten.
            Es ist das Prinzip der Konnexität oder das Konnexitätsprinzip
.
            Konnexität ist im bürgerlichem Recht der natürliche wirtschaftliche
             Zusammenhang wechselseitiger Ansprüche.“
            (Quelle: nach: „Konnexitätsprinzip“ aus: Lexikon
                                              
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001)

        10. Damit können wir zunächst wenig anfangen.
              Wir müssen den Inhalt auf die Steuern und Abgaben und auf das Finanz-
              gebaren des Staates besonders bei seinen Ausgaben fokussieren.


        11. Unter dem Fremdwort „Konnexität“ versteht man ein recht einfaches
              Prinzip:
               

         „Wer bestellt, muss auch bezahlen!“

        12. Das bedeutet aber - im klaren Gegensatz zu den eben gemachten Ausführun-
              gen - dass ein Gesetzgeber, der einer anderen politischen Ebene eine Aufgabe
              überträgt, auch für die Finanzierung dieser Aufgabe gerade stehen muss.
              Negativ betroffen von der Nichteinhaltung waren oft die Länder und die
              Kommunen. (Siehe oben!)
              (Quelle:          „Eichel bleibt bei Veräußerungsgewinnen hart“ und Stichwort:
                        „Konnexitätsprinzip“, Handelsblatt vom 08.10.2002)

        13. Nun fordern viele Ökonomen dieses - auch Verursacherprinzip bekannte -
               Prinzip in der Verfassung zu verankern.

 

(4) Das Verursacherprinzip

         „Wer den Schaden verursacht hat, muss auch für die Beseitigung des
           Schadens und seiner Folgen aufkommen!“

        14. Sie versprechen sich davon
            - mehr Transparents,
            - eine höhere Ausgabendisziplin und
            - eine höhere Barriere bei der Ausweitung der öffentlichen Aufgaben und
               Ausgaben.
 
             (Quelle: „Eine Neuordnung der staatlichen Finanzen ist dringend erforderlich“,
                                                                                  Tagesspiegel vom 29.12.1997)

        15. Also kurz und etwas vereinfacht zusammengefasst:

         „Wer etwas bestimmtes durchsetzen will, muss es auch bezah-
           len!

        16. Welches Prinzip am Ende siegt, wird wahrscheinlich erst das Bundesver-
              fassungsgericht entscheiden.

 

4. Rückblick - Ausblick

Damit haben wir alle Grundprinzipien der staatlichen sozialen Sicherungssystem genannt ausformuliert und kurz beschrieben.
Es ist nun an der Zeit sich mit den Fragen der Rangigkeit zu befassen.
Es sollen im weiteren die Forderungen an eine staatliches Sozialsystem formuliert werden.