Jochen Olbrich
07.12.2004
Reformen
6. Kriterien zur Bewertung von
Reformvorhaben
Gliederung
(grob)
Vorwort
1. Beurteilung der Analyse (auf die sich das
Reformkonzept gründet)
1.1
Problemlösungsverhalten und Problemlösungskompetenz
1.2 Kausalität
1.3 Bedingungsfelder
2.
Kriterien zur Beurteilung der Reformvorschläge
2.1
Die sachbezogene Kriterien
2.2 Die rechtlichen Kriterien
2.3
Die politischen Kriterien
2.4. Die psychologische und soziologischen Kriterien
2.5 Die staatsphilosophische Kriterien (Bild
vom Menschen, Freiheit und Macht)
Gliederung
(ausführlich)
Vorwort oder
Einleitung
1. Beurteilung der Analyse (auf die sich das Reformkonzept gründet)
1.1
Problemlösungsverhalten und Problemlösungskompetenz
1.2 Kausalität
1.3 Bedingungsfelder
2.
Kriterien zur Beurteilung der Reformvorschläge
2.1
Die sachbezogene Kriterien
2.1.1
Nachhaltigkeit
2.1.1.1 Zukunftsfähigkeit
2.1.1.2 Rechtssicherheit und Rechtstreue (Treue gegenüber geltendem Recht)
2.1.1.3 Entkoppelung von Systemen oder (weitere) Vernetzungen von Systemen
2.1.2 Praktikabilität
2.1.2.1 Verständlichkeit
2.1.2.2 Transparenz
2.1.3 Geldfluss (Woher wird das Geld genommen und wohin fließt es?)
2.1.4
Strukturgemäß (der Struktur des Staates entsprechend)
2.2 Die rechtlichen Kriterien
2.2.1
Treue gegenüber der Verfassung (Verfassungstreue)
2.2.2 Treue gegenüber dem Staatsrecht (Gewaltenteilung)
2.2.3 Treue gegenüber den Rechtsprinzipien (Prinzipiengerechtigkeit)
(1) Äquivalenzprinzip („Wer viel einzahlt,
bekommt auch viel!“)
(2) Gleichheitsgrundsatz (der
Gleichbehandlungsgrundsatz):
(3) Konnexitätsprinzip (das Prinzip der Konnexität)
(4) Legalitätsprinzip (das Rechtsprinzip
der Legalität)
(5) Offizialprinzip (der
Amtsgrundsatz)
(6) Opportunitätsprinzip (das
Rechtsprinzip der Opportunität)
(7) Rechtssicherheit (das Prinzip der
Verlässlichkeit)
(8) Rechtsstaatsprinzip (die Anwendung
des Legalitätsprinzips)
(9) Römisches Rechtsprinzip („Kein
Vertrag zu lasten Dritter!“)
(10)
Solidarstaatsprinzip (das „Solidarprinzip“ oder Grundprinzip des
Sozialstaates)
(11)
Subsidiaritätsprinzip (oder das Prinzip der Subsidiarität)
(12)
Transparenzprinzip (oder das Prinzip der Transparenz)
(13)
Verursacherprinzip (Der Verursacher eines Schadens, muss ihn auch beseitigen.)
Wer den Schaden verursacht hat, muss ihn auch beseitigen.)
(14)
Wettbewerb (das Grundprinzip der Marktwirtschaft: „Angebot und Nachfrage
bestimmen den Preis!“)
2.3 Die politischen Kriterien
2.3.1
Parteiprogrammgemäß
2.3.2 Ideologiefreiheit
2.4. Die psychologischen und soziologischen Kriterien
2.4.1 allgemeine Akzeptanz
2.4.1 begünstigt kein Klientel
2.5 Die
staatsphilosophischen Kriterien (Bild vom
Menschen, Freiheit und Macht)
Ausführungen
Vorwort oder Einleitung
Gerade in letzter zeit hat man den
Eindruck, dass sich die Anzahl der Reformen und gleichzeitig die
Reformvorschläge häufen.
Manchmal ist zu beobachten, dass neue Vorschläge zu einer Reform gemacht
werden, obwohl sich die politischen Kräfte gerade auf ein Reformkonzept oder
die „Eckpunkte“ einer Reform geeinigt haben.
Das kann daran liegen, dass wir trotz
der laufend durchgeführten „Reformen“ einen hohen Reformbedarf haben. Viele
Menschen sprechen geradezu von einen „Reformstau“.
Dieser Sachverhalt lässt den unvermeidlichen und wohl richtigen Schluss zu,
dass mit den bisher durchgeführten Reformen etwas nicht stimmen kann.
Es waren eben keine richtigen grundlegenden Reformen!
Um die vielen Reformvorschläge besser beurteilen zu
können, bedarf es zweifelsohne der Orientierung, der Einordnung und der
Möglichkeit der Bewertung dieser Reformvorschläge.
Genau hier setzt dieses Kapitel der Ausarbeitung über Reformen an!
Dies ist der - zugegeben sehr
anspruchsvolle - Versuch, sämtliche Reformvorschläge mit allgemeinen Kriterien
bewerten zu können.
Dabei soll es völlig egal sein, auf welchen Bereich sich diese Reformvorschläge
beziehen.
Man erkennt sogleich, dass es allgemeiner Kriterien der Beurteilung von
Reformvorschlägen bedarf, die sich auf jedes Reformvorhaben anwenden lassen.
Diese sollen nun genannt, kurz erläutert und begründet werden.
1.
Beurteilung der Analyse
(auf die sich das
Reformkonzept gründet)
1.1 inhaltliche und sachbezogene Kriterien/Aspekte der Analyse
(Problemlösungsverhalten
und Problemlösungskompetenz)
1.
Hat überhaupt eine umfassende ideologiefreie und tabulose Analyse des zu reformierenden
Sachverhalts stattgefunden?
2.
Wird das erkannte Kernproblem angegangen oder werden nur Symptome angegangen?
3.
Wird es - aller vernünftigen Einschätzung nach - auch gelöst?
4. Werden die anstehenden Probleme
überhaupt angegangen?
5.
Wird wenigstens ein Problem richtig angegangen?
6.
Handelt es sich um ein Problem, das viele Menschen betrifft?
7.
Werden die Ursachen des Probleme richtig erkannt?
8.
Werden die Ursachen entsprechend ernst genommen?
9.
Betreffen die vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt den Kern des Problems?
10.
Sind die beabsichtigten Maßnahmen geeignet, die Ursachen zu beseitigen?
1.2 verfahrenstechnische und ablaufbezogenen Kriterien/Aspekte der
(Kausalität)
Wie
ist man bei der Analyse vorgegangen?
Hat
man überhaupt (nach dem Kausalitätsprinzip) die Ursache der aufgetretenen
Probleme
zu ergründen versucht?
Ist
man zum eigentlichen Kern des Problems vorgedrungen?
1.3 Bedingungsfelder
Hat man alle
entscheidenden Bedingungen des untersuchten Sachverhalts unter die Lupe
genommen?
2. Die Kriterien zur Beurteilung von Reformvorschlägen
2.1 Die sachbezogene Kriterien
2.1.1
Nachhaltigkeit
2.1.1.1
Zukunftsfähigkeit
1. Gilt dieses neue Reformvorhaben
nur unter bestimmten Bedingungen?
2.
Welche sind dies?
3.
Sind diese Bedingungen Teil des Reformvorhabens?
4.
Kann man diese Bedingungen, die die Voraussetzung für die Realisierung des neuen
Reformvorhaben sind, garantieren?
Sind sie ausdrücklich
erwähnt? Was soll geschehen, wenn eine der Bedingungen nicht mehr einzuhalten
ist?
5.
Welche rechtliche Grundlage wird für die beabsichtigte Reform genannt?
-
die Verwirklichung der Verfassung?
-
ein hochrangiges Rechtsprinzip?
-
ein Auftrag des Bundesverfassungsgerichts?
2.1.1.2
Rechtssicherheit und Rechtstreue
(Treue gegenüber geltendem Recht)
1.
Verstößt das neue Reformvorhaben gegen geltende Gesetze?
2.
Müssen sehr viele Gesetze wegen des neuen Reformvorhabens geändert werden?
3.
Wie verhält es sich mit dem so genannten „Vertrauensschutz“ für die Rechtslagen
nach den alten gültigen aber nun mitbetroffenen
und
zu ändernden Gesetzen?
4.
Soll dieses neue Reformvorhaben auch noch nach in der nächsten Wahlperiode gelten
oder muss es bald möglichst wieder
(noch
einmal) geändert werden?
5.
Regelt das neue Reformvorhaben Sachverhalte, die weit in der Zukunft liegen,
obwohl
man schon heute unterstellen muss, dass eine neue „Reform“ des selben
Sachverhalts erforderlich wird?
6.
Wie viel Willkür ist im neuen Regelwerk eingebaut?
a)
durch verbale Festlegungen?
b)
durch zahlenmäßige Festlegungen?
7.
Wird Willkür insgesamt abgebaut?
a)
Wie oft abgebaut?
b)
Wie oft neu geschaffen?
c)
Differenz?
8.
Lässt das neue Regelwerk Willkür der staatlichen Verwaltung zu?
(z.B.
Sonderurlaub für Beamte an dem 55. Lebensjahr)
2.1.2.1 Verständlichkeit
2.1.2.2 Transparenz
2.1.1.3 Entkoppelung von
Systemen oder (weitere) Vernetzungen von Systemen
1. Sind in dem neuen Reformvorhaben
mehre Systeme mit einander verknüpft oder gar vernetzt?
2.
Nimmt der Grad der Vernetzung durch das neue Reformvorhaben mit anderen
Systemen zu oder ab?
3.
Löst es Verknüpfungen auf und baut es Verknüpfungen ab oder entstehen neue
Verknüpfungen?
4. Regelt das neue
Reformvorhaben Sachverhalte, die weit in der Zukunft liegen,
obwohl
man schon heute unterstellen muss, dass eine neue „Reform“ des selben
Sachverhalts erforderlich wird?
5.
Wie viele Gesetze müssen durch die geplante Reform verändert werden?
2.1.2 Praktikabilität
1. Ist
das neue Reformvorhaben für den Bürger einfach zu handhaben?
2.
Stehen Einnahmen (Erlöse) und Aufwand in einen günstigen Verhältnis zu einander?
3.
Ist der Verwaltungsaufwand (einschließlich Personalkosten) höher als die zu erwartende
Einnahmen?
Anmerkung.
Bei der Vermögenssteuer soll es
so gewesen sein, dass der Verwaltungsaufwand bei Einzug der Steuer etwa 60 %
der Einnahmen aufgezehrt hatte.
Damit
entpuppte sich die Vermögensteuer eher als ein Beschäftigungsprogramm für
Finanzbeamte als ein Beitrag zur viel beschworenen
„sozialen
Gerechtigkeit“!)
2.1.3 Geldfluss (Woher wird das Geld genommen und wohin fließt es?)
1. Wohin fließt
durch das neue Regelwerk der geplanten Reform mehr Geld?
a)
zum Bürger?
b)
in die Kassen oder Versicherungen?
c)
zum Staat?
2.
Wer muss mehr bezahlen?
a)
der Bürger?
b)
in die Kassen oder Versicherungen?
c)
der Staat?
2.1.4 Strukturgemäß (der Struktur des Staates entsprechend)
1. Ist das
Reformvorhaben der Struktur des Staates angepasst oder wird die Struktur
verändert?
2.
Ist die Veränderung der staatlichen Struktur
a)
notwendig?
b)
Selbstzweck?
c)
heimlich beabsichtigt?
2.2 Die
rechtlichen Kriterien
2.2.1 Treue gegenüber der Verfassung (Verfassungstreue)
1. Sind die
geplanten Reformvorhaben verfassungsgemäß?
2.
Verstößt das Reformvorhaben gegen irgend welche Artikel der Verfassung?
2.2.2 Treue gegenüber dem Staatsrecht (Gewaltenteilung)
1. Verstößt das
Reformvorhaben gegen das Gebot der Gewaltenteilung?
2.2.3 Treue gegenüber den Rechtsprinzipien (Prinzipiengerechtigkeit)
1. Welche Grundprinzipien gelten (bereits) in dem zu
reformierenden Bereich?
2.
Wurden alle Rechtsprinzipien ausnahmslos eingehalten?
3.
Welche neuen Rechtsprinzipien sollen nach dem neuen Reformvorhaben zusätzlich
gelten, weil es einfach notwendig ist?
4.
Welche Rechtsprinzipien solle nun nicht mehr gelten, weil sie nun nicht mehr zutreffen?
5. Beruhen alle neuen Regeln
auf den zutreffenden Grundprinzipien? (Ist das neue Regelwerk
prinzipiengerecht?)
6.
Wie viele der zutreffenden Grundprinzipien sind verletzt worden?
(Wie
viele Prinzipien sind durch die neuen Regeln insgesamt verletzt?)
7.
Wie oft ist das insgesamt geschehen?
8. Ist der Reformvorschlag prinzipiengerechter
als das jetzige Regelwerk?
Ein
Beispiel als Anmerkung:
In
den Regelungen über die staatliche Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist
das so genannte Äquivalenzprinzip nicht nur nicht
beachtet
und eingehalten worden sondern missachtet und mit Füßen getreten worden!
Bei
der staatlichen Rentenversicherung gibt es zwar auch einen prozentual festgelegten
Beitragssatz, der sich aber in der Höhe der
Leistung
(sprich: Höhe der Rente) auswirkt.
Wer
bei gleichem Prozentsatz höhere Beiträge als ein anderer Arbeitnehmer bezahlt, erhält später auch eine höhere
Rente
und
umgekehrt!
Bei
der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zahlt zwar jeder auch den gleichen
Prozentsatz! Wegen der unterschiedliche Höhe
der
Einkommen zahlt auch hier jeder unterschiedliche Beiträge!
Diese
Unterschiede wirken sich aber - anders als in der ebenfalls staatlichen
Rentenversicherung - nicht in unterschiedlichen
Leistungen
der Krankenversicherungen aus!
Hier
die Prinzipien eines Rechtsstaates in alphabetischer Reihenfolge ohne Angaben
der Quellen:
(1) Äquivalenzprinzip
(„Wer viel einzahlt, bekommt
auch viel!“)
„Unter dem so genannten
Äquivalenzprinzip versteht man ein System von Leistung und Gegenleistung.“
Dieses
Prinzip lässt sowohl eine qualitative Aussage als auch quantitative Aussagen
zu:
Die
quantitative Aussage:
„Nur wer eine Leistung
erbringt, kann auch eine Gegenleistung erwarten!“
Die
qualitativen Aussagen:
„Wer einen hohe Leistung
erbringt, kann eine entsprechend hohe Gegenleistung erwarten!“
„Wer
eine geringe Leistung erbringt, kann auch nur mit geringen Gegenleistungen
rechnen!“
(2) Gleichheitsgrundsatz (oder der Gleichbehandlungsgrundsatz)
Diese Grundprinzip hat eigentlich zwei
Ausgestaltungsformen.
Einmal
bezieht es sich auf den Menschen.
Dann
lautet es:
„Jeder Bürger muss die gleichen Rechte und
die gleichen Pflichten haben!“
Zum anderen
bezieht es sich auf Situationen oder Sachen.
Dann
lautet es:
„Gleiches muss gleich –
unterschiedliches aber verschieden gehandhabt werden!“
(3)
Konnexitätsprinzip (oder das
Prinzip der Konnexität)
„Konnexität ist im
bürgerlichem Recht der natürliche wirtschaftliche Zusammenhang wechselseitiger
Ansprüche.“
Unter
dem Fremdwort „Konnexität“ versteht man ein recht einfaches Prinzip:
„Wer bestellt, muss auch
bezahlen!“
(4) Legalitätsprinzip (oder das Rechtsprinzip der Legalität)
„Jegliches Verwaltungshandeln des Staates ist an Recht und
Gesetz gebunden.“
Das
bedeutet streng genommen kein staatliches Handeln ohne ein Gesetz.
Für
jedes Gesetz muss es außerdem - bevor es umgesetzt werden kann - eine
Ausführungsvorschrift erlassen werden.
(5) Offizialprinzip
(oder der Amtsgrundsatz)
Da das
Offizialprinzip nicht so bekannt sein dürfte, hier eine kurze Erklärung:
Das
Offizialprinzip wird häufig auch Offizialmaxime oder auch Amtsgrundsatz
genannt.
Es
hat folgenden Inhalt:
„Jedes
Gericht oder jede Verwaltungsbehörde ist verpflichtet, Ermittlungen in einer Sache über die von den Beteiligten
vorgebrachten
Tatsachen hinaus von Amts wegen anzustellen.“
Außerdem
regelt es Verfahren und Anwesenheit:
o
Es muss mündlich verhandelt werden.
o Die Richter müssen
dauernd anwesend sein.
o
Die Staatsanwaltschaft muss dauernd anwesend sein.
o
Der Angeklagte muss dauernd anwesend sein.
o
Der Verteidiger muss dauernd anwesend sein.
(6)
Opportunitätsprinzip (oder das Rechtsprinzip der
Opportunität)
A
Das Opportunitätsprinzip im Bereich der Justiz
„Das
Opportunitätsprinzip ist ein Grundsatz beim Strafprozess, der die
Erhebung einer Anklage in das Ermessen der Anklagebe-
hörde
stellt [meist im Zusammenwirken mit dem Gericht].“
Das
Opportunitätsprinzip durchbricht also das den Strafprozess beherrschende
Legalitätsprinzip.
[Es
ist ein notwendiges Korrektiv des Anklagezwanges, z.B. bei Bagatellsachen.]
„Das Opportunitätsprinzip
ist ein strafrechtlicher Grundsatz, der besagt, dass die Strafverfolgung in den
gesetzlich gekenn-
zeichneten
Ausnahmefällen dem freien Ermessen der Staatsanwaltschaft überlassen ist.
(Beispiel
§§ 153 ff StPO) Oder:
Von
dieser Pflicht zur Strafverfolgung gibt es einige gesetzlich festgeschriebene
Ausnahmen nach dem sogenannten
Opportunitätsprinzip.
Das
bedeutet nichts anderes als eine Einschränkung des Legalitätsprinzips.
B
Das Opportunitätsprinzip im Bereich der Verwaltung
„Das Opportunitätsprinzip
ist auch ein Grundsatz im Verwaltungsrecht, der besagt, dass eine
Behörde nach ihrem
(pflichtgemäßem)
Ermessen handeln darf.“
[Dies
gilt z.B. auch im Polizei- und Ordnungsrecht, wo die Polizei befugt, im
Grundsatz aber nicht gezwungen ist, gegen
Störer
einzugreifen.]
(7) Rechtssicherheit
(oder
das Prinzip der Verlässlichkeit)
„Der
Bürger muss sich darauf verlassen können, dass Gesetze auch eingehalten werden!“
Das bezieht sich sowohl
auf die Ansprüche, die dem Bürger aus einem Gesetz erwachsen - egal gegenüber
wem sie bestehen!
Das
bezieht sich aber genauso auf die Einhaltung von Pflichten – egal wer sie hat!
Das
bedeutet dauerhafte Gültigkeit und Einklagbarkeit vor unabhängigen Gerichten.
(8) Rechtsstaatsprinzip
„Unter
einem Rechtsstaat versteht man einen Staat, bei dem
o
die Ausübung der Staatsgewalt,
o
die Grundrechte und
o
der Rechtsschutz des einzelnen Staatsbürgers
durch
Verfassung und Rechtsordnung festgelegt und garantiert sind.“
Der Staat hat - bezogen auf das
Recht - eine dreifache Funktion:
a)
Einerseits ist er auf die Verwirklichung des Rechts ausgerichtet.
b)
Andererseits ist seine Tätigkeit durch diese Rechtsordnung begrenzt.
c)
Zum Dritten muss er die Rechte, die er anderen (den Bürgern) einräumt, auch
garantieren.
Zu
a) Der Staat muss das was Recht ist, in der Realität in der Praxis auch umsetzen!
Zu
b) Der Staat darf auch nicht anderes tun als das was das Recht zu tun vorschreibt!
Zu
c) Der Staat darf in die (Grund-)Rechte, die er anderen überlassen und
ausdrücklich zugebilligt hat, nicht eingreifen
oder auch nur einschränken.
„Die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips
setzt in der Regel voraus:
o
eine Verfassung, die die Macht des Staates rechtlich umgrenzt;
o
die Gewaltentrennung;
o
die Sicherung einer unantastbaren staatsfreien Sphäre des Einzelnen durch Grundrechte;
o
den gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber Eingriffen der Staatsgewalt
in subjektive Rechte;
o
die Unabhängigkeit der Gerichte;
o
das Verbot rückwirkender Strafgesetze u.a. „
Materiell
bedeutet Rechtsstaat die Verpflichtung der Staatsgewalt auf die Idee der
Gerechtigkeit, ausgeprägt als Prinzip
im
sozialen Rechtsstaat. Ziel des sozialen Rechtsstaats ist die Entwicklung
einer Ordnung, die den sozialen Frieden wahrt
und
ein menschenwürdiges Dasein für alle sichert.
Es setzt auch die
verfassungsgerichtliche Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze voraus.
Es
setzt auch die richterliche Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung voraus.
Es
setzt auch voraus, dass staatliche Eingriffe auf die bürgerliche Freiheitssphäre
nur auf Grund von Gesetzen erfolgen dürfen.
Dies
alles gehört zu einem Rechtsstaat!
(9) Römisches
Rechtsprinzip
Anmerkungen:
1.
Es gibt noch andere Prinzipien, z. B. ein Prinzip das eine Verneinungen bedeutet:
Dies und jenes darf nicht sein!
2.
Es gibt zum Beispiel ein gutes Rechtsprinzip, das aus dem römischen Recht kommt!
Es
lautet :
„Kein Vertrag zu Lasten
Dritter!“
Dieses
Prinzip soll an zwei Beispielen erläutert werden, weil es hier immer wieder
Diskussionen gibt!
Als
Beispiele können die Beschlüsse des Bundes zu zwei Aufgaben dienen:
o
Sozialhilfe (Das müssen die Bundesländer finanzieren!)
o
Kindergartenplätze (Dafür müssen die Kommunen sorgen!)
Der Bund beschließt einen
Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz - aber die Kommunen müssen ihn
bezahlen.
Auch
das ist föderalstaatliche Praxis.
Selbst
wenn man das römische Rechtsprinzip „Kein Vertrag zu Lasten Dritter!“ ins Feld
führt, so argumentiert der Bund,
dass
die Länder im Bundesrat schließlich mehrheitlich zugestimmt haben.
Dem
Bundesrat obliegt schließlich die Vertretung der kommunalen Belange.
So
haben auch nach dem Grundgesetz die Bundesländer keinen Anspruch auf einen
finanziellen Ausgleich, wenn der Bund
Aufgaben
beschließt, die die Länder durchführen müssen.
Ebenso
haben die Kommunen keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, wenn entweder
der Bund oder die Bundesländer
Maßnahmen
beschließen, die die Kommunen ausführen müssen.
(10)
Solidarstaatsprinzip (das „Solidarprinzip“ oder
Grundprinzip des
Sozialstaates)
„Jeder,
der sich aus eigener Kraft nicht helfen kann, für den muss die
Solidargemeinschaft aufkommen!“
Er muss nicht in Luxus
schwelgen, aber seine Grundversorgung muss, wie es die Menschenwürde gebietet
und in dem Land üblich ist,
von
der Solidargemeinschaft - vertreten durch staatliche Organe - gewährleistet sein.
Dies
gilt in dem Umfange und für die Dauer wie dies eben erforderlich ist.
(11)
Subsidiaritätsprinzip (oder das Prinzip der Subsidiarität)
„Zuerst
ist immer der Einzelne gefordert, dann die Gemeinschaft!“
Besser
als diese Ausformulierung des allgemeinen Prinzip der Subsidiarität, die den
einzelnen Menschen betrifft, ist eine andere
Variante
des Prinzips der Subsidiarität bekannt, die sich auf das Handeln des Staates
und seiner Organe bezieht.
Dann
lautet es:
„Bei jeglichem staatlichen
Handeln ist immer die unterste Ebene zuerst gefordert und auch zum Handeln
befugt und verpflichtet!“
(12)
Transparenzprinzip (oder das Prinzip der Transparenz)
Dieses Grundprinzip dient
quasi der Absicherung vieler anderer Grundprinzipien!
„Auf allen Ebenen staatlichen Handelns muss Transparenz herrschen.“
Das
bedeutet Offenlegung aller Ziele, aller Bedingungen und aller berechenbaren
oder erwarteten Folgen.
(13) Verursacherprinzip:
Nun fordern viele Ökonomen
dieses - auch Verursacherprinzip bekannte - Prinzip in der Verfassung zu
verankern.
„Wer den Schaden verursacht
hat, muss auch für die Beseitigung des Schadens und seiner Folgen aufkommen!“
Sie
versprechen sich davon
-
mehr Transparents,
-
eine höhere Ausgabendisziplin und
-
eine höhere Barriere bei der Ausweitung der öffentlichen Aufgaben und Ausgaben.
(14) Wettbewerb (oder das
Grundprinzip der Marktwirtschaft)
„In allen
Bereichen, in denen marktwirtschaftliche Situationen herrschen sollen, muss
auch tatsächlich Wettbewerb herrschen.“
Das bedeutet, dass der Markt
den Preis bestimmt und nichts anderes!
„Angebot und Nachfrage
bestimmen den Preis!“
Es
genügt nicht, das ein reichliches Angebot vorhanden ist, sondern dieses Angebot
muss von mehrerer Anbietern erbracht werden.
Ebenso
müssen mehrere voneinander unabhängige „Nachfrager“ vorhanden sein!
Das
Grundprinzip staatlichen Handelns in der Marktwirtschaft:
Der
Staat hat darin zwei hoheitliche Aufgaben:
Die
zuerst genannte Aufgabe bezieht sich auf seinen eigenes Gebaren:
„Der Staat darf selbst
nichts unternehmen, was die Regeln der
Marktwirtschaft (oder die Marktwirtschaft selbst) beschädigt!“
Die zweite Aufgabe
bezieht sich auf seinen Rolle beim Verhalten anderer:
„Der Staat muss auch darauf
achten, dass die Regeln des Marktwirtschaft von allen eingehalten werden und
für ihre
Einhaltung sorgen!
Notfalls
muss er die Einhaltung erzwingen!
2.3
Die politischen Kriterien
2.3.1 Parteiprogrammgemäß
2.3.2
Ideologiefreiheit
1. Ist das neue Reformvorhaben
ideologiefrei?
2.
Wird es von Prämissen oder Leitideen gleitet, die nicht einmal ausgewiesen sind?
3. Will man eine bestimmte Klientel begünstigen
4.
Will man eine andere Klientel benachteiligen?
5.
Will man nur neue Möglichkeiten schaffen, abgehalfterte Politiker in Lohn und Brot zu bringen (sprich: ihnen hochdotierte
Posten
zu verschaffen, die ihnen aus lauter Dankbarkeit z.B. Spenden für die Partei
ermöglichen)?
2.4
Die psychologischen und soziologischen Kriterien
2.4.1
allgemeine Akzeptanz
1. Auf welche Akzeptanz kommt es an?
-
Akzeptanz in der politischen Parteien,
-
Akzeptanz in den gesellschaftlichen Gruppen (Lobbyisten),
-
Akzeptanz in der Bevölkerung,
-
Akzeptanz in den Medien
2.
Erfüllt das neue Reformvorhaben alle Bedingungen für eine möglichst breite Akzeptanz?
-
Ist das neuer Reformvorhaben
kurz
darstellbar,
einfach
und verständlich und
in
sich stimmig und vor allen Dingen
erscheint
es Jedermann gerecht?
2.4.1 begünstigt kein Klientel
2.5 Die staatsphilosophischen Kriterien
(Das Bild vom Menschen, Freiheit und Macht)
1.
Welches Menschenbild ist bei den Kriterien zugrunde gelegt worden?
2.
Wie verhält es sich mit der Freiheit des Individuums?
3.
Wie verhält es sich mit den Grundrechten, die ja alle als unverzichtbar gelten?
4.
Wie verhält es sich mit der Macht ?
Wer
erhält einen Machtzuwachs, wer verliert Macht?