www.jochenolbrich.homepage.t-online.de
Einsatz der Bundeswehr
-
Grundsatzpapier
-
Anmerkung:
1. Die Zahlen in Klammern
bedeuten die Anzahl der Aussagen meist in Form von Thesen.
2.
Die manchmal dahinter stehen zweite Zahl (dünngedruckt)
bedeutet die Anzahl zusätzlicher Aussagen, die die erste Aussage (These)
stützen sollen.
A
Der Einsatz der Bundeswehr (allgemein)
1.
Zur Sicherung unseres Landes kann man eine einfache Dreiteilung der Aufgaben
feststellen:
1.1
Es ist originäre Aufgabe der Polizei, die Sicherheit im Innern das
Landes zu gewährleisten.
Die Polizei darf also bei uns
nicht im Ausland eingesetzt werden.
(Das
FBI (Federal Bureau of Investigation“) die Bundespolizei der USA wird z.B. im Ausland
eingesetzt.)
1.2
Es ist originäre Aufgabe der Bundeswehr, das Land vor Angriffen von außen
zu schützen.
1.3 Es ist originäre Aufgabe des Bundesgrenzschutzes und des Zolls, (der
Bundespolizei) die Grenzen unseres Landes zu schützen.
2. Bei einem Einsatz der Bundeswehr muss man unterscheiden zwischen dem
Einsatz im Innern unseres Landes und dem Einsatz
außerhalb
unseres Landes.
Als wir noch keine Bundeswehr hatten, stellten sich die Frage nach
dem Einsatz der Bundeswehr und den damit zusammenhängenden Problemen nicht.
Es
gibt rechtliche Probleme, organisatorische Probleme und Kompetenzprobleme. Z.B.:
Wer hat die Kommandogewalt bei einem Einsatz?
B
Der Einsatz der Bundeswehr im Innern
1.
Um diese Probleme des Einsatzes der Bundeswehr im Innern besser verstehen zu
können, lohnt es sich, einen kurzen Blick in
die
jüngere Geschichte zu werfen.
Als es in der Nacht vom 16. auf den 17.
Februar 1962 an der Nordseeküste, besonders in Hamburg, eine große
Flutkatastrophe gab, existierte zwar
bereits
eine Bundeswehr aber keine rechtliche Möglichkeit eines Einsatzes der
Bundeswehr im Innern.
Der
damaligen Innensenatorder der freien Hansestadt Hamburg Helmut Schmidt hat sich
mit den dort stationierten Bundeswehreinheiten und ihrer
militärischen
Führung kurzgeschlossen und den Einsatz der Bundeswehr auf seine eigene
Verantwortung befehligt.
Die
Bundeswehr wurde im Jahre 1956 durch Änderung des Grundgesetzes durch ein Gesetz
gegründet (Gesetz vom 19.03.1956 [BGBl. I S. 111])
Damals
wurden die Artikel 87 a und 87 b in das Grundgesetz eingefügt. Die einzige
Rechtsgrundlage für Helmut Schmidt war der Artikel 35 des
Grundgesetzes,
indem festgeschrieben wird, dass sich alle Behörden des Bundes und der Länder
gegenseitig Rechtshilfe und Amtshilfe leisten.
(Er
bestand nur aus diesem Satz.)
2.
Nun wurden die Kompetenzen des Einsatzes von Polizei, des Bundesgrenzschutzes
und der Bundeswehr geändert.
Das erreichte man durch die Änderung des
Grundgesetzes in Artikels 35 durch zwei Ergänzungen, die als Abschnitt 2 und
als Abschnitt 3 neu in das
Grundgesetz aufgenommen wurden. Der Artikel 35 des
Grundgesetzes wurde also im Laufe der Zeit zweimal durch Ergänzungen geändert.
o Die Große Koalition (Kiesinger/Brandt
vom 1.12.1996 bis zum 20.10.1969) hat am 24.06.1968 den Artikel 35 ergänzt.
[BGBl. I S. 709]
o Der Artikel 35 des Grundgesetzes wurde
dann noch ein zweites Mal am 28.07.1972 durch eine Ergänzung geändert. [BGBl. I S. 1305]
Nach
Abs. 2 des Artikels 35 kann nun ein Bundesland zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung
der öffentlichen Sicherheitskräfte des
Bundesgrenzschutzes
zur Unterstützung seiner Polizei anfordern.
Bei
Naturkatastrophen und bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Bundesland
auch Polizeikräfte anderer Bundesländer, Kräfte des
Bundesgrenzschutzes
und der Bundeswehr anfordern.
Nach
Abs. 3 des Artikels 35 kann bei einer Gefährdung durch Naturkatastrophen oder
einem Unglücksfall, der über die Grenzen eines Bundeslandes
hinausgeht,
die Bundesregierung die Weisung erteilen, dass Polizeikräfte anderer Länder zur
Verfügung gestellt werden, sowie Einheiten des
Bundesgrenzschutzes und der Bundeswehr zur
Unterstützung der Polizeikräfte eingesetzt werden.
3. Nun steht die Fußballweltmeisterschaft bevor und man
sieht die Gefahr von Terroranschlägen und möchte sich als Gastgeber
entsprechend
vorbereiten.
Die alles
entscheidende Frage ist, ob die bisherigen Regelungen des Grundgesetzes ausreichen
oder ob das Grundgesetz geändert werden muss.
Die
ebenso eindeutige Antwort:
Nach
einem besonders schweren Unglücksfall kann die Bundesregierung die Polizeikräfte
den Bundesgrenzschutz und die Bundeswehr einsetzen!
4. Die Frage bleibt offen, ob die Bundesregierung auch
zur Prävention von Terroranschlägen die Weisung erteilen darf, damit
Polizeikräfte anderer Länder zur Verfügung
gestellt werden, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Bundeswehr
zur
Unterstützung der Polizeikräfte eingesetzt werden können.
Nun
hat das Bundesverfassungsgericht diese Frage am 15.2.2006 beantwortet. Der
Staat ist nicht berechtigt über
Menschenleben
zu entscheiden. Grundsätzlich seien einem Einsatz der Bundeswehr enge Grenzen
gesetzt
C Der Einsatz der Bundeswehr im Ausland
1. Ein Einsatz der Bundeswehr im Ausland ist durch das
Grundgesetz geregelt.
Die entsprechenden
Artikel des Grundgesetzes sind die Artikel 115 a, bis 115 l.
Es
sind also insgesamt 11 Artikel, die allesamt während der Zeit der Großen Koalition
(Kiesinger/Brandt vom 1.12.1996 bis zum 20.10.1969)
durch ein
Ergänzungsgesetz vom 24.06.1968 in das Grundgesetz eingeschoben worden sind. [BGBl. I S. 709]
An diesen neuen
Artikeln wurden dann noch zweimal Änderungen vorgenommen:
Durch ein Ergänzungsgesetz vom 12.05.
1969 wurden die Artikel 115 c und 115 k geändert. [BGBl. I S. 350]
Durch
ein weiteres Änderungsgesetz vom 21.12.1992 wurde der Artikel 115 e geändert. [BGBl. I S. 2086]
2. Die wesentlichsten Inhalte
sind:
2.1 Ein Einsatz der Bundeswehr ist rechtlich nur in einem Verteidigungsfall
möglich.
Der
gesamte Abschnitt X a des Grundgesetzes mit allen
Artikeln 115 a bis 115 l befasst sich nur mit einem
Verteidigungsfall.
2.2 Der Verteidigungsfall ist gegeben, wenn das Bundesgebiet mit Waffengewalt
angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht.
(Art. 115
a, Abs. 1, Satz 1)
2.3 Die Verfahrensfragen und die notwendigen Mehrheiten zur Feststellung
des Verteidigungsfalles sind eindeutig geregelt.
(Art. 115 a, Abs. 1 bis 5)
o
Die Bundesregierung muss einen Antrag auf Feststellung des Verteidigungsfalles beim
Bundestag stellen. (Art. 115 a, Abs. 1, Satz 2)
o
Der Bundestag muss mit der Mehrheit von Zweidritteln der Stimmen der Abgeordneten
den Verteidigungsfall feststellen – mindestens mit der
Mehrheit
der Mitglieder des Bundestages. (Art. 115 a, Abs. 1, Satz 2)
o
Die Feststellung des Verteidigungsfalles wird vom Bundespräsidenten verkündet. (Art.
115 a, Abs. 3)
o
Im Verteidigungsfall geht die Kommandogewalt auf den
Bundeskanzler über. (Art, 115 b; GG)
3.
Das Grundgesetz schließt einen Angriffskrieg eindeutig aus.
3.1
Ein Angriffskrieg ist grundgesetzwidrig.
3.2 Schon die Vorbereitung eines Angriffskrieges ist grundgesetzwidrig. (Art. 26; GG)
4.
Das Grundgesetz lässt für unsere Militäreinsätze im Ausland nur einen sehr
geringen Spielraum.
4.1
Man kann das wohl am besten beurteilen, wenn man den bekannten Spruch:
„Wir müssen unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen!“
(Peter Struck, ehemaliger Verteidigungsminister)
unter
die Lupe des Grundgesetzes legt.
Was sagt also das Grundgesetz dazu?
4.2
Ein Angriffskrieg ist nicht zulässig!
Also
führen wir in Afghanistan auch keinen Angriffskrieg!
4.3 Ein Verteidigungskrieg kann nur geführt werden, wenn auch bestimmte – im Grundgesetz
vorgeschriebene – Formalitäten erfüllt
worden sind.
5. Die zusammenfassende Bewertung als Meinungsäußerung
5.1 Einen Angriffskrieg dürfen wir nicht führen!
Wenn schon die Vorbereitung
eines Angriffskrieges grundgesetzwidrig ist, so ist es das Führen eines
Angriffskrieges erst recht.
Das
Grundgesetz schließt also einen Angriffskrieg eindeutig aus. (Art. 26; GG)
5.2
Ein Verteidigungsfall ist von der Sache her nicht gegeben.
1. Die Afghanen (Taliban)
haben keinen Angriff geplant.
2.
Sie haben uns keinen Krieg erklärt.
3.
Sie haben keine weitreichende Raketen, die uns bedrohen.
5.3
Wenn ein Verteidigungsfall gegeben wäre, hätten wir selbst bestimmte Formalitäten
und Verfahren einhalten müssen, die uns das
Grundgesetz
vorschreibt.
5.4 Keine diese Formalitäten ist aber erfüllt worden.
1. Für einen Einsatz der
Bundeswehr in Afghanistan ist keine einzige Formalität erfüllt worden.
2.
Es ist kein vorgeschriebenes Verfahren erfüllt oder auch nur eingeleitet
worden.
3.
Das Grundgesetz, auf das der Verteidigungsminister und der Bundeskanzler einen
Eid abgelegt haben, wird nicht beachtet und ist nicht die
oberste
Leitlinie ihres Handelns.
4.
Aber das Grundgesetz ist nicht mit Strafe bewert.
Wer
also das Grundgesetz bricht, kann zwar als Verfassungsfeind angesehen werden,
ist aber und bleibt Staatsmann.
5.
Alle Argumente, mit dem man den militärischen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan rechtfertigen will, gehen ins
Lehre:
o
Mal sind wir in Afghanistan beliebt und herzlich willkommen.
o
Mal drohen uns Anschläge mit tödlichem Ausgang für unsere Soldaten.
o
Mal leisten wir Aufbauarbeit, so dass man sich fragt, warum wir nicht das technische
Hilfswerk und Mitarbeiter des Deutschen
Entwicklungsdienstes (DED) nach
Afghanistan hingeschickt haben.
o
Dann fragt man sich, ob man den Anbau von Mohn (Opium) unterbindet und damit
die Geldquellen der War-Lords versiegen lässt, damit
sie
keine Waffen mehr kaufen können. Das wird aber nicht gemacht.
6.
Ist es schon so weit, dass man sich fragen muss:
„Was
schert unsere Politiker also das Grundgesetz?“
6. Für keinen
Einsatz der Bundeswehr im Ausland ist auch nur eine einzige Formalität erfüllt
worden oder ein vorgeschriebenes
Verfahren
erfüllt oder auch nur eingeleitet worden.
6.1
Es wurde einfach im Kabinett und im Bundestag beschlossen Truppen zu entsenden
und den Einsatz dieser Truppen zu verlängern!
6.2 Selbst die Berufung auf das enge freundschaftliche Verhältnis zu den USA rechtfertigt
meines Erachtens den Einsatz der Truppen im
Ausland
nicht-
6.3 Selbst die Berufung auf unsere Verpflichtungen in der NATO rechtfertigt meines Erachtens den
Einsatz der Truppen im Ausland nicht!
Man kann nur die
Verpflichtungen in einem Militär-Bündnis erfüllen (oder noch besser eingehen),
die durch das Grundgesetz gedeckt sind!
Das
ist ein Verteidigungsbündnis - kein - Angriffsbündnis.
Die
NATO heißt Nordatlantischer Verteidigungspakt.
Afghanistan, Somalia, Sudan, vielleicht Kongo (Irak) liegen
nicht am Nordatlantik.